BLICK: Stimmt es, dass Federer auch nach Paris kam, um hier noch einmal gegen Nadal zu spielen?
Severin Lüthi: Er meinte wohl, dass es die ultimative Challenge ist, in Paris auf Sand gegen Rafa zu spielen. Ich glaube, dass er befreit aufspielen kann. Einmal im Halbfinal, kann er es auskosten. Aber trotz allem waren die Erwartungen nach so langer Abwesenheit schon da. Wenn alle so happy sind, dass du wieder hier bist, willst du nicht gleich in der ersten Runde verlieren.
Die Begeisterung in Paris ist wohl so gross wie nie.
Du merkst den Leuten an, dass sie denken, vielleicht spielt Roger hier zum letzten Mal. Aber die Begeisterung ist ohnehin überall gross. Manchmal sind die Fans aber gar unanständig und spüren sich nicht mehr, weil sie nichts anderes mehr sehen als Roger - das würde mich nerven, ich wäre da sicher weniger tolerant als Roger. Vor ein paar Jahren schlug mir mal ein Fahrer den Kofferraumdeckel auf den Kopf. Der war so hin und weg, Roger im Auto zu haben, dass er gar nicht merkte, wie ich noch die Taschen rausholte! Roger lachte - ich fands gar nicht lustig. Aber zum Glück ist er so.
Wie geht Roger das Match gegen Nadal nach fünf Niederlagen in Paris an?
Roger ist nicht mehr der gleiche Spieler wie 2011. Rafa auch nicht, aber er scheint dadurch nicht weniger erfolgreich zu sein. Man schaut sich an: Was hat früher funktioniert, was nicht? Bei den Sandmatches und bei Rogers letzten fünf Siegen. Man sollte ja auch die positiven Dinge ansehen.
Was hat Federer am Regentag ohne Training oder Familie gemacht? Er hat ja gerne viele Menschen um sich ...
Es sind immer genügend Leute da, glauben Sie mir! Ivan Ljubicic, Dani Troxler, Tony Godsick, seine Eltern reisten am Mittwoch heim, kommen aber wieder. Dann sind schon Freunde da, die auch im Hotel eincheckten - langweilig wird es ihm nicht. Sonst meldet er sich (lacht).
Reisen seine Frau Mirka und die Kinder noch an?
Betreffend Familie weiss ich nicht Bescheid. Aber es ist klar, dass viele andere kommen - es fragen andauernd Leute nach Tickets.
Ist die Arbeit mit ihm ohne Familie und Kinderschar in der Nähe anders?
Es ist sicher kein Riesenvorteil, dass die Kinder nicht da sind. Ablenkung durch die Familie kann auch positiv sein. Vielleicht vermisst er sie ja. Roger ist Spezialist darin, abzuwägen und Kompromisse zu machen - auch wenn es bedeutet, eine Stunde weniger pro Nacht zu schlafen. Er würde längst nicht mehr spielen, wenn er seit zehn Jahren ohne Kinder herumreisen müsste.
Die grosse Frage ist ja, wie Federer die Vorhand Nadals auf seine Rückhand vermeiden kann ...
Ich rede nicht so gerne über Taktik. Ein Gegner muss nicht wissen, worauf wir besonders achten. Es geht da nicht nur um Rafas Vorhand aufs Rogers Rückhand. Es gibt viel zu diskutieren, aber nicht mit Journalisten (lacht).
Wie ist die Aufgabenteilung zwischen Ihnen und Ivan Ljubicic?
Es ist nicht so, dass einer von uns der Techniker, der andere der Taktiker ist. Wir reden über alles - Defensive, Offensive, Return, Volleys, das Wetter. Wenn das Unvorhergesehene kommt, darf Roger nicht in Schockstarre fallen. Er geht mit einem Plan auf den Court, am Ende entscheidet er aber dann intuitiv.