Marta Kostyuk lässt sich eine fürchterlich aussehende, offene Blase am Fuss behandeln, während sie auf dem Trainingsplatz mit Blick.ch spricht. «Die kommt vom Tape, das immer reibt», sagt sie. Drei Quali-Matches und ihr erstes Grand-Slam-Spiel in einem Hauptfeld verursachten die Blase. Sie soll die 15-jährige Ukrainerin aber nicht davon abhalten, auch in der zweiten Runde gegen die australische Qualifikantin Olivia Rogowska (WTA 162) voll auf Sieg zu gehen. Wie in Runde 1, als sie gegen die fast 500 Plätze besser klassierte Weltnummer 27 Shuai Peng (China) 6:2, 6:2 in 57 Minuten gewann.
Auf Platz 521 steht das Wunderkind noch, aber das wird sich bald ändern. Ihr grosses Potenzial zeichnete sich schon letztes Jahr ab, als sie mit 14 den Final der Juniorinnen gegen die drei Jahre ältere Rebeka Masarova gewann. Damals sagte die seit neuestem für Spanien spielende Rothaarige über ihre Bezwingerin: «Sie ist eine extreme Fighterin.» Jeder sah: Hier wächst ein besonders frühreifes Talent heran – körperlich wie geistig. Deshalb hält sich Martas Mutter Talina, eine frühere Profispielerin und heutige Trainerin bei ihrer Tochter auch beim Coachen zurück. «In diesem Alter erträgt man Kritik von der Mutter nicht. Ich will sie schon pushen. Aber in erster Linie will ich Mutter sein und ihr Liebe geben.»
Kämpfernatur aus der Ukraine
Die frühe Reife habe sie ihrer Mama zu verdanken, sagt die junge Marta indes. «Sie behandelte mich schon früh wie eine Erwachsene.» Und die Kämpfernatur liege wohl im Blut. «Wir alle vom Ostblock haben eine starke Mentalität. Unsere Länder sind nicht stark, wir müssen oft unten durch. Also lernen wir, uns selbst durchzuschlagen.»
So stark ihr Kampfgeist auf dem Platz ist, so gross ist auch ihr Selbstvertrauen daneben. Auf die Frage, ob sie ein Idol habe, antwortet sie: «Nein, vielleicht mich?» Also nicht Martina Hingis, der sie als jüngste Aussie-Open-Siegerin seit 1996 nacheifert? «Als die so gut war, war ich ja noch nicht einmal geboren!», winkt sie ab. Dann vielleicht Roger Federer? Eher dessen Coach Ivan Ljubicic, der ihr Manager ist. «Ich habe extremes Glück, ihn an meiner Seite zu haben», schwärmt Marta, die in Zagreb trainiert und neben Russisch, Ukrainisch und Englisch auch etwas Kroatisch spricht. «Wenn Ivan bei meinen Matches zuschaut und mir ‚let’s go’ zuruft, fühle ich mich, als könnte ich jede schlagen.»
Vielleicht kann sie das ja auch, und bricht an den Australian Open alle Rekorde. Dann sähen wir die akrobatische Einlage, für die Marta nach Turniersiegen bekannt ist: einen Rückwärts-Salto. Ein bisschen stolz würde sie das schon machen, aber eigentlich nicht wegen des Alters. Abgeklärt sagt sie: «Wenn du immer schon jung gewonnen hast, gewöhnst du dich dran. Irgendwann spielt das Alter keine Rolle mehr. Du machst nur den nächsten Schritt.»