Ist Roger fit für Halbfinal?
«Hoffentlich ist es nichts Gravierendes»

Roger Federer gewinnt an den Australian Open einen epischen Viertelfinal-Match gegen Tennys Sandgren. An der Pressekonferenz zieht der Maestro Bilanz.
Publiziert: 28.01.2020 um 12:01 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2020 um 13:17 Uhr
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Roger Federer steht nach einem harten Kampf im Halbfinal.
Foto: AFP
Cécile Klotzbach, aufgezeichnet

Es dauert fast eineinhalb Stunden, bis Roger Federer den Weg ins Medienzentrum findet, um über sein Fünfsatz-Wunder gegen Tennys Sandgren zu reden. Kein Wunder – denn erst durfte er alle Gratulationen seines Betreuerstabs und seiner Familie, die mit den vier Kindern vollzählig vor Ort war, entgegennehmen. Dann kümmerten sich vermutlich Masseure und Sportärzte um sämtliche angeschlagene Körperteile des 38-jährigen Kämpfers.

Beschreiben Sie und diese Achterbahn Ihrer Gefühle?
Nach dem Time-Out war ich echt besorgt. Es half zunächst nicht, ich hatte weiter Schmerzen. Im vierten Satz versuchte ich nur, im Match zu bleiben. Ich dachte: reinhängen, oder das wars! Es gelang mir nicht so gut, wie ich wollte, weil er so gut servierte. Als ich feststellte, dass ich nichts mehr zu verlieren hatte, ging es etwas aufwärts. Ich sah einen kleinen Lichtstreif am Himmel, dachte: vielleicht doch! Ich servierte etwas besser, machte ein paar Fehler weniger. Gleichzeitig wollte ich mich dabei aber nicht vollends verletzen. Die Gewissheit, dass es auch für ihn nicht einfach ist, so etwas nach Hause zu bringen, half mir. Auch wenn mir das für ihn auch echt leid tut.

Wo schmerzte es genau?
Ich habe das Gefühl, es ist eine Verkrampfung der Adduktoren. Das schmerzt, aber ich hoffe nicht, dass es eine Verletzung ist. Alles Weitere müssen wir jetzt erst untersuchen.

Wann tat es denn am meisten weh?
Vor allem in der Defensive war es problematisch. Es kam nicht plötzlich, sondern Stück für Stück – das ist eigentlich schon mal eine gute Nachricht, dann kann es meistens nicht so schlimm sein. Ich bekam Entzündungshemmer und dann verschwanden die Schmerzen irgendwann mal. Aber ich musste dennoch vorsichtig sein, damit es nicht schlimmer wird. Deshalb hörte ich auf, explosiv zu spielen und versuchte einfach so im Match zu bleiben. Weil es nicht schlechter wurde, konnte ich etwas relaxen und habe letztlich mental nicht allzu viel Energie verschlissen. Wie es innen drin aussieht, ist ausschlaggebend. Ich fühle mich emotional nicht annähernd so ausgelaugt, wie nach dem Millman-Match.

Wann genau kam die Zuversicht zurück?
Beim Break zu 4:2 im fünften und dann beim 5:2, 40:30 – da hatte ich das Gefühl, es könnte doch noch klappen heute. Und natürlich nach dem ersten Satz.

Wo steht dieser Match im Vergleich zu anderen, die Sie gedreht haben? Sieben Matchbälle mussten Sie ja erst einmal abwehren ...
Ja, gegen Scott Draper in Cincinnati, wenn ich mich nicht täusche. Im Match kommt man gar nicht mehr nach, wie viele Matchbälle es sind. Ich dachte heute, es wären drei oder so, dabei waren es sieben! Es braucht unglaubliches Glück dazu, aber man muss sicher auch das Richtige machen und der Gegner das Falsche. Aber dieser Viertelfinal gehört sicher zu den Top 5 meiner wundersamen Aufholjagden, vor allem, weil es an einem Grand Slam passierte. Irgendwie gleicht das auch meinen letzten Final in Wimbledon ein wenig aus.

Glauben Sie nach dem damaligen Match noch, dass sie Novak Djokovic schlagen können?
Vielleicht zeigte er mir erst recht, dass Djokovic schlagbar ist. Ich weiss, dass ich in meinem Spiel viele Dinge gut machen muss. Aber ich habe mich in meinem Alter schon oft bewiesen, das gibt mir Vertrauen. Wenn ich es durch den Millman-Match und durch so einen Match schaffe, schaffe ich auch noch mehr. Mit so viel Erfahrung glaube ich logischerweise daran. Man muss immer daran glauben.

Wie gehen Sie die nächsten Stunden und Tage jetzt vor?
Jetzt geht es rein darum, herauszufinden, wie schlimm es später, morgen und übermorgen ist. Was sollte man tun, was nicht. Das werden wir jetzt alles anschauen, mit dem Physio, mit dem Doktor hier und vielleicht auch noch mit dem Doktor zuhause reden. Hoffentlich geht es mir dann besser und es ist nichts Gravierendes. Wir werden sehen, ob es langt.

Sie haben Unglaubliches geleistet, wirken aber trotzdem nicht ganz glücklich ...
Ich bin schon sehr zufrieden und erleichtert, dass es so ausgegangen ist. Aber gleichzeitig sehen Sie das richtig: Ich bin in einer Phase der Ungewissheit, wie es weitergeht. Auch wenn es nicht mehr weiter geht, kann ich sagen, dass es wenigstens ein gutes Turnier war und ich zufrieden sein kann. Aber ich will mir lieber eine Chance geben, in einem besseren Zustand in den Halbfinal zu gehen, ihn gar zu gewinnen. So ist es jedenfalls schwierig zu sagen, lass uns feiern heute Abend. Nach Millman wusste ich, ich werde müde sein. Jetzt könnte es sein, dass es morgen sogar schlimmer sein wird. Aber ich bleibe positiv, weil es bestimmt eine Chance gibt, mich zu erholen. Optimistisch sein ist wichtig – und eine meiner grossen Stärken.

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