Der TV-Nachtvogel zum Albtraum
SRF-Duo von Bencic geschockt: «Was soll man da sagen?»

Die sechste TV-Nacht. Und die treuesten Bencic-Fans erlebten ab 03.38 Uhr mit dem oft sprachlosen SRF2-Duo Bürer und Günthardt einen Albtraum. Fast lapidar die letzte Hoffnung beim 0:6, 1:5-Rückstand gegen Anett Kontaveit: «Jetzt braucht es ein Tennis-Wunder!»
Publiziert: 25.01.2020 um 08:19 Uhr
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Aktualisiert: 27.01.2020 um 11:00 Uhr
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Belinda Bencic versteckt sich lieber.
Foto: keystone-sda.ch
Roger Benoit

Aber da war der Aufschlags-Express aus Estland längst abgefahren. Schon der Start war für die TV-Fans von Belinda Bencic (22) mühsam. Sie mussten über eine Stunde lang bis zur verzögerten Liveübertragung warten. Und dann wurden sie nach 49 Minuten um 04.27 Uhr mit einem Schock wieder ins Bett geschickt.

«Nur keinen Thriller mehr!»

Stefan Bürer und Heinz Günthardt waren nicht lange gut gelaunt: «Belindas Ambition ist hier in Melbourne natürlich immer noch der Grand-Slam-Sieg! Und nach den beiden Thrillern von Stan Wawrinka gegen Seppi und Roger Federer gegen Millman hoffen wir auf eine weniger nervenaufreibende Partie!»

Und sie bekamen sie: 0:2 nach sieben Minuten, 0:4 nach 14 Minuten, 0:6 nach gut 20 Minuten! Da halfen weder dem Nachtvogel noch den entsetzten Fans einige Tassen Kaffee oder Red Bull …

Bencic auf einem Nebenplatz …

«Belinda muss sich endlich im Spiel anmelden», sagte Günthardt. Auch er musste bis zum 0:6, 0:3 warten, bis sich die Ostschweizerin mit dem ersten Punkt (dem einzigen) «angemeldet» hatte. Für die Gegnerin blieb unseren Kommentatoren nur immer die gleiche Aussage: «Die Estin spielt wie in Trance!» Und Bencic war mit ihrem Schläger und der Körperhaltung wohl irgend auf einem Nebenplatz unterwegs.

«Kontaveit drei Klassen besser»

Auch das SRF2-Duo war froh, als es von seiner Strafaufgabe erlöst wurde: «Wir haben alles erwartet, aber das sicher nicht. Was soll man da sagen? Kontaveit spielte eine, nein zwei oder drei Klassen besser!»

Damit hat das Frauen-Turnier vor den am Sonntag beginnenden Achtelfinals bereits die Gesetzten Nummern 2 (Pliskova), 3 (Osaka), 5 (Svitolina), 6 (Bencic) und 8 (Williams) verloren! Von den ersten acht Gesetzten sind nur noch Barty (1), Halep (4) und Kvitova (7) dabei.

Belindas verpasste Chance

Belinda Bencic hätte übrigens beim von den meisten Experten erwarteten Weiterkommen gegen die ungesetzte Polin Iga Swiatek (18) antreten können. Diese hatte die frühere Wawrinka-Freundin Donna Vekic (23) mit 7:5, 6:3 meist im Griff. Die Kroatin, als Nummer 19 gesetzt, vergass vor allem das Kämpfen.

Zwei Marathon-Spiele

Zu Beginn der Nacht erlebten wir ab 01.15 Uhr zwei Frauen-Matches, die erst nach über zwei Stunden Spielzeit ihre Siegerinnen kannten: Die Deutsche Angelique Kerber (32) und die Russin Anastassija Pawljutschenkowa (29).

Den 6:2, 6:7, 6:3-Sieg der Melbourne-Siegerin von 2016, Kerber, kommentierte auf Eurosport leider ein nicht ganz neutraler Mann. Er liess vor allem im ersten Satz an Kerbers Gegnerin Camila Giorgi (28) kaum ein gutes Haar. Er nannte die lange verletzte Italienerin, die dadurch aus den Top 100 fiel: «Das alte bekannte Sorgenkind. Sie schlägt dramatisch schlecht auf! Unterirdisch.» Okay, Giorgi verlor den ersten Satz mit 2:6 und 21:1-Fehlern …

Papa Sergio nervt Tochter Camila

Im zweiten Satz übernahm dann Giorgi das Kommando, hatte den Frust bald abgeschüttelt und prügelte der Deutschen die Bälle um die Ohren. Da musste auf Eurosport eben Camilas Vater Sergio hinhalten: «Er ist ein Tennis-Verrückter, der immer wieder reinschreit und die Emotionen nicht im Griff hat.» Sergio wurde mit seinem weissen Wuschelkopf immer wieder im Bild eingefangen. Und die Tochter winkte jedes Mal nur kopfschüttelnd ab, wenn der Papa wieder in die Arena brüllte …

Kerber: «Ich kann nicht mehr!»

Giorgi holte sich den zweiten Satz im Tiebreak nach 1:3-Rückstand. Kerber wankte, wie schon so oft. «Angi wackelt und wir hören sie immer wieder sagen: Ich kann nicht mehr!»

Aber eben: Keine leidet auf dem Platz schöner und für die TV-Kameras so theaterreif wie Kerber. Giorgi liess sich leider davon anstecken, vergab mehrere Breakbälle gegen die offensichtlich doch nicht so angeschlagene dreifache Grand-Slam-Siegerin.

Kerber hatte nach einem Monat nochmals Weihnachten, wurde zwei Stunden lang beschenkt. Denn die Italienerin machte unglaubliche 65 unerzwungene Fehler. Da war das Resultat fast schon eine Sensation.

Russin schlägt die Nummer 2

Die als Nummer 17 gesetzte Kerber und die meisten Tennisfreunde hatten im Achtelfinal auf eine Partie gegen die Nummer 2 getippt. Doch die Tschechin Karolina Pliskova bestand die Nervenprobe nicht und unterlag um 03.40 Uhr nach über 150 Minuten zweimal mit 6:7 im Tiebreak!

Gegen wen? Na ja, es ist der Zungebbrecher im Turnier –Anastassija Pawljutschenkowa. Die nur als Nummer 30 gesetzte elffache Turniersiegerin kannte im längsten Zweisatz-Match des Turniers immer eine Antwort auf die feinen Pliskova-Bälle. Das nervt.

Pleite von 2019 korrigiert

Ob Angelique Kerber im Achtelfinal lieber gegen die Nummer 2 der Welt gespielt hätte, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass Kerber die letzten vier Partien gegen Pawljutschenkowa verloren hat.

«Die Angi ist neben Sascha Zverev unsere letzte Hoffnung», hörte man immer wieder auf Eurosport. Klar vor einem Jahr kamen in Australien alle 16 Männer und Frauen nicht in die zweite Turnierwoche!

Thiem und Nadal sind durch

Ab 5 Uhr schaute sich der TV-Nachtvogel noch die beiden Männer-Einzel an. Dominic Thiem (die Nummer 5) musste gegen den Amerikaner Taylor wieder hart fighten und bis 07.30 Uhr in eine Verlängerung – 6:2, 6:4, 6:7, 6:4. Da war es 07.36 Uhr. Da geht der TV-Nachtvogel schlafen!

Dagegen liess der topgesetzte Spanier Rafael Nadal seinen Landsmann Pablo Carreno Busta mit 6:1, 6:2, 6:4 kaum ins Spiel kommen.

Barty/Görges schon out!

Um 05.06 Uhr schied übrigens im Damendoppel das hochgejubelte Duo Ashleigh Barty (Weltnummer 1 im Einzel) mit ihrer deutschen Freundin Julia Görges aus – 5:7, 4:6 gegen Mladenovic/Babos (Fr/Un).

Die Resultate des Samstags

  • Monfils s. Gulbis 7:6, 6:4, 6:3
  • Thiem s. Fritz 6:2, 6:4, 6:7, 6:4
  • Rublev s. Goffin 2:6, 7:6, 6:4, 7:6
  • Nadal s. Carreno Busta 6:1, 6:2, 6:4
  • Zverev s. Verdasco 6:2, 6:2, 6:4
  • Kyrgios s. Kachanow 6:2, 7:6, 6:7, 6:7, 7:6
  • Medwedew s. Popyrin 6:4, 6:3, 6:2
  • Kerber s. Giorgi 6:2, 6:7, 6:3
  • Pawljutschenkowa s. Pliskowa 7:6, 7:6
  • Swiatek s. Vekic 7:5, 6:3
  • Kontaveit s. Bencic 6:0, 6:1
  • Halep s. Putintsewa 6:1, 6:4
  • Mertens s. Bellis 6:1, 6:7, 6:0
  • Muguruza s. Svitolina 6:1, 6:2
  • Bertens s. Diyas 6:2, 7:6
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