Auf Eurosport konnte man das Spiel vom ersten Satz (6:1 für Wawrinka) bis zum bitteren Ende nach 2:19 Stunden geniessen. Matthias Stach und Boris Becker liessen zum Glück nie den Respekt am Gegner vermissen: «Natürlich hoffen wir, dass Deutschland mit Sascha Zverev endlich wieder einmal einen Spieler in einen Grand Slam-Halbfinal bringt.»
«Wo war Zverev?»
Ab 04.45 Uhr sah es noch nicht danach aus. Auch Zverev (23) wunderte sich, dass Wawrinka nach 23 Minuten 6:1 führte. Die Eurosport-Kritik blieb aus: «Sascha war irgendwo – nur nicht auf dem Platz. Ein klassischer Fehlstart. Er war ein Begleiter der Partie aber keiner, der dabei war.» Und Becker lobte Stans beste Waffe, die dann immer mehr versagte: «Wawrinka hat die beste einhändige Rückhand der Welt! Verdienter kann man einen ersten Satz nicht gewinnen.»
Becker überstrahlt alle
Boris Becker ist der grosse Star bei Eurosport. Mit seinen Analysen, Kommentaren und sogar Interviews (toll jenes mit seinem alten Erzfeind Thomas Muster) sorgt er auch dieses Jahr für die Highlights. Und den Humor. Becker zu seinem Kumpel Stach: «Was wir hier verfolgen ist ein Bewegungssport – und deshalb stehen wir beide nicht mehr auf dem Platz...»
«Guten Morgen Deutschland»
Im zweiten Satz drehten sich das Spiel und damit natürlich auch die Aussagen. Stach: «Zverev führt – daran können wir uns gewöhnen.»
Und als das Spiel bei 3:3 kippte, sagte Becker: «Guten Morgen, Deutschland. Der Stan wackelt jetzt gewaltig. Er muss jetzt eine gewisse Müdigkeit spüren, auch wenn er schon über 50 Fünf-Satz-Matches hinter sich hat – und die meisten gewann. Aber vergessen wir nicht, dass der Schweizer bis zu diesem Spiel fast vier Stunden länger als Zverev auf dem Platz fighten musste.»
Becker: «Great serve geht nicht!»
Was Becker nicht gefiel: «Dreimal hat Stan jetzt nach einem Punkt bei eigenem Auftaktspiel «Great Serve» Richtung Zverev gerufen. Das tut man nicht! Zum Glück liess sich Sascha bis zum Ende nie von Emotionen fehlleiten. Das war grosser Sport – auch mental.»
Und zum Schweizer, der am Ende ausscheidet, meint Becker: «Wawrinka gehört so schnell wie möglich wieder in die Top 10!»
Die verlorene Dominanz
Ein erster Gefühlsausbruch von Stach im vierten Satz, als Sascha vorne lag: «3:0-Führung. Hallelujah!» Dann wurde es wieder ruhiger, bis Becker Bilanz zog: «Nur vier Asse und sechs Doppelfehler. Die Dominanz aus seinem tollen Spiel gegen Medwedew war diesmal weg!»
Bencic-Killerin abgeschossen
Ab 01.15 Uhr war es um die Bencic-Bezwingerin Anett Kontaveit (28) geschehen. Die Estin stand beim 1:6, 1:6 gegen die Rumänin Simona Halep (28) so neben den Schuhen wie die Schweizerin vor einigen Tagen beim 0:6, 1:6 gegen Kontaveit.
Nach 53 Minuten war die Lehrstunde der früheren Nummer 1 zu Ende. Auf Eurosport zu hören: «Simona beherrscht den Platz von der Grundlinie aus. Würde sie endlich mehr ans Netz gehen, so ihr Trainer, wäre sie fast unschlagbar!»
Halep jetzt Favoritin
Die Rumänin, die sich wie eine Katze biegen kann, will nach den French Open 2018 und Wimbledon 2019 endlich den dritten Titel. Mit viel Hirn: «Schach und Geometrie, gehören bei mir zum Alltag.» Als sie den Platz nach 53 Minuten verliess, sagte sie beim Interview: «Ich werde jetzt das Spiel meiner nächsten Gegnerin nicht anschauen, denn das tut mein Coach. Ich werde mich ausruhen und in der Stadt shoppen gehen.»
Muguruza ist zurück
Halep verpasste in den nächsten 93 Minuten nicht besonders viel. Die Spanierin ist wieder auf dem Weg nach oben. Dort, wo sie 2016 im Paris-Final Serena Williams 7:5, 6:4 bezwang und ein Jahr später war im Wimbledon-Endspiel Venus Williams beim 5:7, 0:6 gegen «Mugu» chancenlos.
Mit dem stabileren und druckvolleren Tennis hielt die 1,83 m grosse Muguruza die Russin Anastasia Pawljutschenkowa (28) in Schach. Diese scheiterte in den wichtigen Momenten an ihrer Nervenschwäche. Das relativ einfach Spiel der Russin hatte im Achtelfinal gerade noch für die Deutsche Angelique Kerber gereicht.
«Hingis mein Vorbild»
Und die ungesetzte Garbine Muguruza glaubt jetzt unter dem Coaching der früheren Starspielerin Conchita Martinez sogar an eine Halbfinalchance gegen Halep. Wer sind ihre Vorbilder? Muguruza: «Das war immer Martina Hingis. Später kam noch Serena Williams dazu!»