Als Klein Roger in den 80er- und 90er-Jahren alles auf die Karte Tennis setzen wollte, standen Mama und Papa voll hinter ihm. Etwa 30'000 Franken sparten sie sich im Jahr für das Hobby ihres talentierten Sohnes ab. Viel Geld für eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen. Die geborene Südafrikanerin Lynette Federer (Mädchenname Lynette Durand) erhöhte ihr Arbeitspensum, damit sie Ehemann Robert unterstützen konnte. Finanziellen Zustupf gabs von der Schweizer Sporthilfe, Swiss Tennis, zwei Privatsponsoren und dem Heimclub TC Old Boys. «Ohne die Hilfe hätten wir das kaum stemmen können», ist Vater Federer immer noch dankbar.
Heute ist sein Sohn gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» geschätzte 670 Millionen Franken schwer. Durch seine 2003 gegründete Stiftung «Roger Federer Foundation» hat er bereits rund 34 Millionen Franken generiert und 850'000 afrikanischen Kindern in Botswana, Malawi, Namibia, Sambia, Simbabwe und Südafrika eine Schulausbildung ermöglicht. Daneben fliessen auch jährliche Gelder in die Schweizer Sporthilfe für die Unterstützung von 40 Nachwuchstalenten, welche die Federers persönlich nach sozialen Aspekten auswählen.
Der Tennis-Superstar der Schweiz hat sich für seine Starthilfen doppelt und dreifach revanchiert. Und das Beste an ihm: Er ist demütig geblieben. Die Menschen, die ihm auf seinem Weg zum Gipfel loyal zur Seite standen, vergisst er nicht. Sie sind noch heute die Pfeiler seines Imperiums. Und dennoch ist allen klar: Der Kaiser, das ist Roger.
Einen Kniefall muss der vor niemandem mehr machen. Höchstens für sich selbst – wenn er wieder einen Matchball zum Grand-Slam-Sieg verwertet hat. Zwölfmal ging er auf einem Centre Court in die Knie. Zuletzt nach seinem Wimbledon-Sieg vor fünf Jahren. Danach schonte der mittlerweile 36-jährige, 19-fach-Champion wohl intuitiv seinen von Vertrauensarzt Dr. Roland Biedert operierten Meniskus. Er gehört zu den zahlreichen Pfeilern des Federer-Imperiums.
Die Familie
«Mirka und die Kinder lieben dieses Leben auf der Tour», erklärt der vierfache Familienvater. In diesem Ressort ist seine im Jahr 2009 geehelichte Frau Mirka die Chefin. Sie managt die vier Kinder, deren Erziehungs- und Unterhaltungsprogramm, sie organisiert die Unterkünfte, die vielen Reisen im Flugzeug – übrigens nur selten im Privatjet, meist erste Klasse in Linienmaschinen.
Weil die Grosseltern Federer mit ihrer Enkel-Schar alle Hände voll zu tun haben – ihre 37-jährige Tochter Diana, eine gelernte Krankenschwester, hat ebenfalls Zwillinge – nehmen Mirka und Roger die Hilfe von Nannys in Anspruch, die vor allem für die dreijährigen Buben da sind: Lennart, genannt Lenny, und Leo – der englische Name für Löwe, was Rogers Sternzeichen ist.
Den achtjährigen Zwillingen Myla Rose und Charlene Riva bringen zwei Privatlehrerinnen den Schulstoff der 2. und 3. Klasse bei. Sprachlich dürften die Federer-Kids ihren Altersgenossen in der Schweiz voraus sein. Mit Mama und den Grosseltern mütterlicherseits sprechen sie Slowakisch, mit Papa, Oma und Opa Federer Deutsch und mit den vielen internationalen Freunden der Familie Englisch.
Einst galt die am 1. April 40 Jahre alt werdende Miroslava Vavrinec als «grösste Tennishoffnung der Schweiz». Wegen einer chronischen Fussverletzung trat sie 2002 vom Profisport zurück. Obwohl sie seit rund zehn Jahren in der Öffentlichkeit schweigt, versichert Federer, dass sie einen wesentlichen Beitrag zu seinem Erfolg beisteuert: «Sie spürt, wenn ich gestresst bin, hält mir den Rücken frei. Mirka ist wunderbar, meine Motivatorin, meine Kritikerin. Aber sollte es für sie nicht mehr stimmen, höre ich auf.»
Immobilien
Dann hätte Roger die Qual der Wahl, wo er sich mit seiner Familie niederlässt. Am ehesten wohl im idyllischen Feriendomizil in Valbella GR, wo sich der Baselbieter 2015 ein Doppelchalet fertigstellte (angeblich für 15 Mio. Franken) inklusive Heimkino, Weinkeller und Hammam. Hier könnten die Kinder naturverbunden und weit weg vom Jetset-Leben aufwachsen, sagte er vor einem Jahr.
In der Gemeinde Herrliberg besitzt Federer seit 2011 noch 5800 Quadratmeter unbebautes Land. Gerüchten zufolge soll das Nachbargrundstück von Unternehmer Christoph Blocher zum Verkauf ausgeschrieben werden.
Hat er Lust auf städtischen Groove – oder trainiert er in und um Zürich (oft im Tennisclub GC im Seefeld) – wohnt Roger in Wollerau. Im Steuerparadies kaufte er sich 2014 für einen geschätzten Preis von über 10 Millionen Franken zwei Stockwerke im Prachtbau «The Residence». Mit 500 Quadratmetern Wohnfläche, einem riesigen Cheminée, einer Glaskuppel über dem Ess- und Wohnbereich sowie einer Fensterfront mit Blick auf Zürichsee und Berge.
Aufs Meer blicken die Federers, wenn sie in Dubai wohnen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten besitzen sie seit 2006 ein Luxus-Appartement (für geschätze 12 Mio. Fr.) mit 200 Quadratmetern Wohnraum und fünf Zimmern im «Le Reve», einem der berühmtesten Wolkenkratzer. Hier hält sich Roger auf, wenn er sich im Training auf heisse Bedingungen einstellen will.
Sport
Im Wüstenstaat dabei sind jeweils auch seine Trainer. Zur sportlichen Entourage gehören seit Jahren Severin Lüthi und der «goldene Schleifer» Pierre Paganini, die in Absprache miteinander das Tennis- und Konditionstraining koordinieren.
Der Kroate Ivan Ljubicic stiess 2015 zum Team. Ein Ex-Star aus Rogers Generation. «Er kann sich als spielender Familienvater bestens mit mir identifizieren», erklärt der Chef seine Wahl. Für «die Feuerchen, die es an meinem Körper zu löschen gibt», spannte er Marathon-Crack Viktor Röthlin dessen Physio, Daniel Troxler, aus. «Seine Hände sind magisch!»
Das sind wohl auch die Hände des Bespannerteams der Firma P1 («Priority One»). Inhaber Nate Ferguson, Ron Yu und Glynn Roberts, die auch Nadal, Djokovic, Murray oder Wawrinka zu ihren Kunden zählen, bespannen zuverlässig Rogers Rackets, von denen er heute mindestens neun mit an den Australian-Open-Final nimmt.
Business
Wer zu den bestbezahlten Sportlern der Welt gehört, schart auch nur die besten Finanzleute um sich. Federers geschätztes Jahreseinkommen von bis zu 76 Millionen Franken muss rechtlich betreut, versteuert und gut angelegt sein. Mit den beiden Geschäftspartnern seiner drei Firmen – «Tenro AG», «Tenro Holding AG» und der «Tenro Event AG», die er kurz vor seinem ersten «Match for Africa» im Handelsregister eintragen liess, ist Präsident Federer in guten Händen.
Filippo Théodore Beck ist Spezialist für Vertrags- und Sportrecht, sein jahrelanger Wegbegleiter Christoph Schmocker ist auf nationales und internationales Steuerrecht spezialisiert. Die Preisgelder müssen jeweils auch in den Ländern versteuert werden, wo er sie einspielt. Insgesamt sind dies schon über 105 Millionen Franken – heute kommen nochmal 3 Millionen hinzu.
Federers Einkommen setzt sich aber zum grössten Teil aus Aktivitäten abseits der ITF- oder ATP-Tour zusammen. Neben Entschädigungen für Exhibition-Matches und Turnier-Startgagen, die ebenfalls siebenstellige Beträge erreichen können, sind seine elf Sponsorenverträge am lukrativsten. Forbes schätzt, dass sie ihm pro Jahr inklusive Erfolgsprämien rund 54 Millionen sichern – eine vage Zahl, denn über Geld herrscht in der Branche öffentliches Stillschweigen.
Baumeister dieser Sparte ist US-Agent Tony Godsick, der das «Inhouse Management», mit dem die Familie nach den ersten Karriere-Jahren zunehmend überfordert war, 2005 übernahm. Zunächst zog der studierte Politikwissenschaftler als Vertreter der in Cleveland sesshaften Sportmanagement-Agentur «IMG» dicke Werbeverträge an Land.
2014 gründete Godsick, der ein freundlicher Geselle ist, aber als knallharter Geschäftsmann gilt, mit Federer ein eigenes Unternehmen. Bislang hat «Team 8» die Tennisspieler Juan Martin del Potro (Arg), Grigor Dimitrov (Bul), US-Youngster Tommy Paul sowie Schwedens Eishockey-Nationalgoalie Henrik Lundqvist (spielt bei den NY Rangers in der NHL) unter Vertrag.
In Zukunft soll mehr dazukommen. Godsick: «Roger, du bist jetzt erfolgreich. Aber ich verspreche dir: Nach deiner Tennis-Karriere wirst du noch erfolgreicher sein.»
Sponsoren
Zu den grössten Sponsoren-Deals gehören der im Jahr 2008 abgeschlossene 10-Jahres-Ausrüstervertrag mit Nike für angeblich 130 Millionen Dollar. Und der lebenslange Vertrag mit Racket-Hersteller Wilson, der seit 2006 besteht.
Seit 2009 ist Federer das Aushängeschild des Finanzinstituts Credit Suisse. Mit der flexiblen Privat-Airline NetJets fliegt Federer seit 2004 – hauptsächlich auf kürzeren Strecken. Seit 2010 wurde er Partner des Autokonzerns Mercedes-Benz, der mit Federers Leitspruch «It’s nice to be important, but it’s more important to be nice» (Es ist nett, wichtig zu sein, aber es ist noch wichtiger, nett zu sein) wirbt. Im Deal inbegriffen soll jedes halbe Jahr ein neues Auto sein. Aktuell heisst es, Federer fahre einen Mercedes-Benz SLS-AMG (Listenpreis ca. 260'000 Fr.).
Seit 2012 ist er Botschafter des luxuriösen Champagnerlabels Moët & Chandon, seit letztem Jahr die Galionsfigur von Barilla. Der Deal mit dem grössten Teigwarenhersteller der Welt soll Federer gemäss Branchenkreisen total rund 40 Millionen einspielen. Auf dem Schweizer Markt wirbt der Tennisstar seit 2006 für die Kaffeemaschinenfirma Jura (verlängert bis 2020), seit 2009 für den Schokoladekonzern Lindt & Sprüngli, mit dem der geschätzte 20-Millionen-Vertrag letztes Jahr verlängert wurde.
Für angeblich 15 Millionen auf die ersten zehn Jahre löste im Jahr 2006 Uhren-Gigant Rolex die Marke Maurice Lacroix an Federers Handgelenk ab. Seit 2014 ist Federer Markenbotschafter des Telekommunikations-Unternehmens Sunrise und generiert dort die meisten Youtube-Klicks von Werbevideos in der Mobilfunkbranche – zuletzt als bärtiger Robinson Crusoe.