20 Jahre danach
Wie die Bomben Djokovic stärker machten

Novak Djokovic (32) gehört zu den grossen Tennis-Figuren der Gegenwart. Zu diesem grossen Champion wurde er auch durch die NATO-Bombardierung Serbiens vor genau 20 Jahren während seiner Kindheit.
Publiziert: 28.05.2019 um 13:51 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2019 um 11:07 Uhr
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Novak Djokovic blickt auf seine Kindheit zurück.
Foto: AFP
Marc Ribolla aus Paris

Als Teenager Novak Djokovic im Mai 1999 in Belgrad seinen zwölften Geburtstag feiert, herrscht in seinem Land Kriegszustand. Die NATO bombardiert damals während 78 Tagen von März bis Juni Serbien, um dessen Armee aus dem Kosovo zu vertreiben.

Für das grosse Tennistalent, das heute mittlerweile 15-facher Grand-Slam-Sieger und Weltnummer 1 ist, ists eine prägende Zeit. Die Bombardierung seiner Heimat trug aber auch dazu bei, dass aus Novak Djokovic ein Champion wurde.

«Es hat härter und hungrig nach Erfolg gemacht»

Schon in einer TV-Doku von CBS vor acht Jahren sagte er: «Der Keller ist praktisch der Ort, an dem wir gewohnt haben. Jeder, der hierher passte, ist gekommen, es gab keine Einschränkung. Wir sind jede Nacht zweieinhalb Monate lang um 2 oder 3 Uhr morgens aufgewacht wegen den Bombenangriffen», blickte er auf 1999 zurück.

«Auf eine Art und Weise haben mich diese Erfahrungen zu einem Champion geformt. Es hat härter und hungriger nach Erfolg gemacht», erklärt Djokovic. Seither sind 20 Jahre vergangen. Die BBC hat sich in Serbien auf Spurensuche begeben.

Djokovic lebte damals bei seinem Grossvater

Djokovic lebte damals mit seinen jüngeren Brüdern Marko und Djordje bei seinem verwitweten Grossvater Vladimir. Seine Eltern Srdjan und Dijana arbeiteten in den Bergen vier Autostunden entfernt, um die Familie zu ernähren und Novaks Karriere zu finanzieren.

Die Wohnung lag in einem typischen Beton-Hochhaus-Block in Banjica, einem Wohngebiet etwa 7 km südlich von Belgrad. Djokovics Grossvater lebte bis zu seinem Tod 2012 dort in einer Wohnung mit zwei Schlafzimmern. Mittlerweile ist sie leerstehend.

Trotzdem ist unübersehbar, wer hier einst gelebt hat. Draussen erinnert ein grosses Wandbild mit Djokovic und dessen Grosseltern daran.

20 bis 30 Menschen im Schutzraum

Die BBC-Reporter begegnen Djordjo Milenic, einem älteren Mann, der mit Djokovics Grossvater befreundet war. «Er sagt über die Bombardierung: «Als wir den Alarm hörten und die Flugzeuge zu brummen begannen, wusste man nie, wo die Bomben landen würden.»

Viele Menschen in Banjica kennen die Familie Djokovic noch. Und teilten sich 1999 mit ihnen den Schutzraum im Keller. Auch Milica Milivojevic (31), die im selben Alter wie Novak ist, gehört dazu. 

Sie erinnert sich, dass es ungefähr 20 oder 30 Menschen im Schutzraum gewesen seien und es nach Feuchtigkeit und Nässe gerochen habe. «Freunde versammelten sich im Keller, vor allem jüngere Leute. Wir spielten einige Brettspiele wie Monopoly oder Risk. Es war viel los.»

In Serbien ist Djokovic ein Volksheld

Bogdan Obradovic war damals Djokovics Trainer. Auch ihn trifft die BBC in Belgrad, wo er in Serbiens Parlament einen Sitz hat. Er habe schon damals gewusst, dass Novak ein Spieler für ganz nach oben sei.

Während der Zeit der Bombardierung hätten sie jeden Tag zusammen gearbeitet und Belgrad nach Tennis-Plätzen abgesucht, wo sie gratis spielen konnten. «Zu dieser Zeit kannten die Leute Novak bereits als riesiges Talent. Er war bereits sehr beliebt, deshalb haben sie ihm sehr geholfen», sagt Obradovic.

In Serbien gilt Djokovic dank seinen Erfolgen als Volksheld. Die Menschen sind stolz auf ihn und schätzen seine Wurzeln. Eine alte Frau meint zu den BBC-Reportern vor dem Wohnhaus: «Ja, ihr solltet über Novak schreiben. Er ist wie vom Himmel. Er ist kein Mensch, aber er ist ein bescheidener, normaler Typ.»

Alle drücken ihm die Daumen, dass er in Roland Garros seinen zweiten Sieg nach 2016 realisiert. Djokovic spielt am Donnerstag gegen den Schweizer Henri Laaksonen in der 2. Runde.

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