Foto: TOV

Freunde oder Feinde?
Es ist kompliziert zwischen Federer und Wawrinka

Roger gegen Stan – Duell unter Freunden oder Feinden? Weder noch. Die Beziehung der beiden ist komplexer.
Publiziert: 04.06.2019 um 09:07 Uhr
|
Aktualisiert: 04.06.2019 um 10:49 Uhr
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Stan Wawrinka und Roger Federer pflegen eine komplexe Beziehung.
Foto: Omid Davarian/freshfocus
Cécile Klotzbach aus Paris

Als Olympiasieger im Doppel tanzten sie 2008 in Peking vor Freude. Mit dem Davis-Cup-Triumph in Lille schrieben sie 2014 erneut gemeinsam Geschichte. Roger Federer und Stan Wawrinka lagen sich in 
den Armen, zerschmolzen zum Schweizer Tennis-Duett «Fedrinka». Zusammen zählen sie 23 Grand-Slam-Titel.

Zwanzig davon gehen auf das Konto des 37-jährigen Rekordsiegers Federer. Neidlos gesteht ihm der drei Jahre jüngere Romand die erste Geige zu: «Er ist der Beste, den es in unserem Sport je gab», repetiert er. Und wann immer er die Chance bekommt, schenkt Roger der zweiten Geige die Blumen zurück und betont, wie sehr er sich über Stans Erfolge freut – die neben seiner eigenen fetten Beute nur wie Brosamen abfallen.
Ehrliche Freude zeigt Federer auch, dass sein Kumpel nach dem schwerwiegenden Knorpelschaden im linken Knie wieder auf den Siegespfad zurückgefunden hat. «Er hat eine Art zweites Tennis­leben bekommen», sagt er am Sonntag. Wohl wissend, dass sein Comeback nach dem Meniskusschaden im linken Knie reibungsloser und ungleich glänzender verlief. Der Wiedergeborene quittiert die Aussage mit sarkastischem Lächeln. Wawrinka sagt: «Nun, ich bin 34 und ganz zufrieden mit meinem ersten Leben.»

Beziehungsstatus: kompliziert!

Stan will Rogers Mitgefühl nicht. Ein kleines Zeichen der Spannungen, die den Beziehungsstatus der beiden durchaus als «kompliziert» einstufen. Den Komplex, den der Lehrling in direkten Duellen mit dem Meister früher zweifelsfrei hatte, legte er als selbstbewusster Grand-Slam-Sieger zwar ab. Dennoch biss er sich – abgesehen von drei Siegen auf Sand – auch fortan verzweifelt die Zähne an ihm aus. «Roger, du bist so ein Arschloch», sagte Stan vor zwei Jahren zu seinem lachenden Indian-Wells-Finalbezwinger. Das war nur lustig gemeint. Andere, ernste Misstöne schürften jedoch 
tiefe Risse in die Freundschaft – wenn es denn jemals eine war.

Als Federer das Davis-Cup-Team 2010 in Kasachstan kurzfristig im Stich liess, um sich für seine Einzelkarriere zu schonen, die Schweiz daraufhin 0:5 verlor und aus der Weltgruppe abstieg, erntete er von Wawrinka erstmals harsche Kritik. Zum nächsten Eklat kam es vier Jahre später, als Mirka Federer während dem rein schweizerischen Halbfinal der ATP-Finals in London dem Gegner ihres Mannes unfair «Crybaby», zu Deutsch «Heulsuse», zurief. Stan traute seinen Ohren nicht – es bedurfte einer Aussprache in der Garderobe.

Laver Cup als Affront

Und jüngst wird das Verhältnis wegen Federers Laver Cup wieder auf die Probe gestellt. Weil die aktuelle Weltnummer 28 für den im September steigenden Mega-Event in Genf nur relativ dürftig nach Rangliste entlöhnt wird, tritt sie nicht an. Stan spielt lieber zeitgleich am Turnier in St. Petersburg – das ist ein Affront. Dass der Heimstar nicht mit einem Spezial­angebot gelockt und wertgeschätzt wird, ebenfalls.

Roger und Stan – ist es Liebe oder Hass? Weder noch. Oder seitens des Westschweizers auch beides. Er hat durchaus Gründe für eine Hassliebe zu seinem überlegenen Schicksalsgefährten. Federer steht ungemein jovial darüber. Bleibt er auch heute so locker? An Brisanz fehlt es diesem Viertelfinal von Roland Garros jedenfalls nicht.

Das meint BLICK

Roger Federer und Stan Wawrinka sind die beiden besten Tennisspieler, die unser Land je hatte. Richtig, die beiden Besten! Auch der Romand ist ein Nationalheld – nur geht das oft unter, weil Federer so überirdisch ist.  

Die scheinbare Perfektion geht beim Deutschschweizer weit über seine Leichtigkeit und Schönheit auf dem Court, die ihn allseits zum Liebling macht, hinaus. Sein Image blendet geradezu: Der vierfache Vater von süssen Zwillingskindern hat stabile Familienverhältnisse, ein treues Team und zugleich die lukrativsten Werbe-Verträge. Dazu ist er ein millionenschwerer, aber musterhaft höflicher Superstar, demütig um Umgang mit Menschen und sagenhaft sprachgewandt. 

Wer kann da schon mithalten? Niemand. Und bestimmt nicht Stan Wawrinka, der in allen Belangen menschlicher und somit auch fehlerhafter wirkt. Weder seine hart erlittene Karriere, noch sein Privatleben als geschiedener Vater einer Tochter, die er selten sieht, verlaufen gradlinig. Wawrinka leidet, hadert, fällt, steht wieder auf – musste zuletzt wegen einer Knie-Verletzung unten durch. 

Dazu ist der Romand sensibel und scheu. Zum Glück, denn wohl nur deshalb kann er mit seinem Schattendasein neben der Lichtgestalt Federer seit siebzehn Jahren ganz gut leben. Auf dem Platz aber mutiert das «Stanimal» zur Bestie. Emotionaler als er kann ein Spieler kaum auftreten, heroischer kann einer nicht siegen.

Und doch ist King Roger ungleich öfter der Held. Etwas Bitterkeit dürfte sich dennoch in Stans Seele gefressen haben. Umso süsser wäre heute ein Sieg.

Roger Federer und Stan Wawrinka sind die beiden besten Tennisspieler, die unser Land je hatte. Richtig, die beiden Besten! Auch der Romand ist ein Nationalheld – nur geht das oft unter, weil Federer so überirdisch ist.  

Die scheinbare Perfektion geht beim Deutschschweizer weit über seine Leichtigkeit und Schönheit auf dem Court, die ihn allseits zum Liebling macht, hinaus. Sein Image blendet geradezu: Der vierfache Vater von süssen Zwillingskindern hat stabile Familienverhältnisse, ein treues Team und zugleich die lukrativsten Werbe-Verträge. Dazu ist er ein millionenschwerer, aber musterhaft höflicher Superstar, demütig um Umgang mit Menschen und sagenhaft sprachgewandt. 

Wer kann da schon mithalten? Niemand. Und bestimmt nicht Stan Wawrinka, der in allen Belangen menschlicher und somit auch fehlerhafter wirkt. Weder seine hart erlittene Karriere, noch sein Privatleben als geschiedener Vater einer Tochter, die er selten sieht, verlaufen gradlinig. Wawrinka leidet, hadert, fällt, steht wieder auf – musste zuletzt wegen einer Knie-Verletzung unten durch. 

Dazu ist der Romand sensibel und scheu. Zum Glück, denn wohl nur deshalb kann er mit seinem Schattendasein neben der Lichtgestalt Federer seit siebzehn Jahren ganz gut leben. Auf dem Platz aber mutiert das «Stanimal» zur Bestie. Emotionaler als er kann ein Spieler kaum auftreten, heroischer kann einer nicht siegen.

Und doch ist King Roger ungleich öfter der Held. Etwas Bitterkeit dürfte sich dennoch in Stans Seele gefressen haben. Umso süsser wäre heute ein Sieg.

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