Marco Chiudinelli geniesst die Standing Ovations in der St. Jakobshalle. Die 13. Swiss Indoors bedeuten für den 36-Jährigen um 23.11 Uhr das Karriere-Ende im Einzel. Trotz Gegenwehr behält der Holländer Robin Haase gegen den Baselbieter mit 6:2, 7:6 das bessere Ende für sich.
In der Loge in der ersten Reihe applaudiert auch Maestro Roger Federer seinem Jugendfreund, gemeinsam mit Gattin Mirka, Davis-Cup-Coach Severin Lüthi und Ex-Profi Michael Lammer. Roger lässt sich den Abschied nicht entgehen. Er selber spielt erst heute gegen Frances Tiafoe (19 Uhr, Blick.ch live).
Gegenüber SRF sagt Federer: «Das ist irgendwo normal, wir haben soviele Zeit zusammen verbracht. Diesen Moment wollte ich nicht verpassen. Auch wenn es spät wird.»
Chiudinelli erklärt nach dem Spiel gerührt: «Es fehlen mir fast die Worte. So viele Leute sind gekommen, die mich in den letzten 17 Jahren begleiteten.» Dass sich die Fans nach der Niederlage erhoben, sei «speziell» und «unerwartet» gewesen. Denn: «Ich habe in meiner Karriere nur wenige Standing Ovations gehabt», so der Basler. Auf einer Ehrenrunde bedankt sich Marco bei vielen persönlich mit einem Handschlag oder Umarmung.
«Ich bin ein grosser Fan von ihm»
Federer und Chiudinelli verbindet eine jahrzehntelange Freundschaft. Chiudinelli vertraute ihm seinen Rücktrittsentscheid als einer der ersten Menschen an. Während des Aufenthalts in Shanghai vorletzte Woche. «Das hat mir viel bedeutet. Ich bin ein grosser Fan von ihm als Spieler, als Mensch und als Persönlichkeit», sagt Federer.
Gemeinsam sind sie aufgewachsen, nur einen Monat Altersunterschied trennt sie. Vor dem letzten Match Chiudinellis sagte Federer zum Rücktritt: «Das macht mich traurig, denn ich kenne die Tour fast nur mit Marco. Aber eigentlich sollte man nicht traurig sein, denn das Ganze sollte ein Fest seiner Karriere sein. Es freut mich riesig für ihn, dass er diesen Moment jetzt gefunden hat. Es ist nicht mehr 29 und hat es lange durchgezogen, darauf kann er stolz sein.»
Zusammen kicken und gamen
Nicht nur auf dem Tenniscourt sind sie sich begegnet, auch auf dem Fussballplatz. Roger sagt: «Ich weiss noch, wie er beim FCB gespielt hat und ich bei Congeli. Marco war Libero, ich Mittelstürmer. Oder auch wie wir in den Game-Saloon gingen und nachher eine Stunde im Dunkeln heimgelaufen sind. Weil das letzte Drämmli nicht mehr fuhr.»
Chiudinelli kämpfte sich oft von Verletzungen zurück. Speziell 2009. In Basel brachte er Federer im Halbfinal an den Rand eines Satzverlustes und kletterte im ATP-Ranking bis Platz 52. Für sein starkes Jahr erhielt er die ATP-Auszeichnung als «Comeback-Spieler des Jahres». Die Trophäe überreichte ihm ausgerechnet Federer.
Ihr grösster gemeinsamer Höhepunkt ist der Davis-Cup-Triumph 2014. Im Davis Cup erlebt Chiudinelli auch seinen letzten Einzel-Sieg. Im September gewann er den in Biel gegen Weissrussland entscheidenden 5. Match und hielt damit die Schweiz in der Weltgruppe.
Nur noch im Doppel in Basel
Alleine wird Chiudinelli zwar nicht mehr auf dem Platz stehen. Ganz zu Ende ist seine Profikarriere aber noch nicht ganz Zusammen mit dem Schweizer Luca Margaroli hat er in Basel auch eine Wildcard fürs Doppel erhalten. Ihr erster Auftritt wird am Mittwoch sein.