Federer redet Klartext am Laver Cup
«Die Nummer 1 ist in weite Ferne gerückt»

Roger Federer spricht in Prag mit ausgewählten Schweizer Medien über Nadal, seine frühen Helden und die Entstehung seines neuen «Babys».
Publiziert: 22.09.2017 um 12:34 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2018 um 22:36 Uhr
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Roger Federer konzentriert im Training in Prag.
Foto: EQ Images
Cécile Klotzbach aus Prag

Wie ist es, beim Laver Cup mit Rafael Nadal ein Team zu bilden?
Ich spüre, dass unser Verhältnis hier anders ist. Im Training hoffe ich fast, dass er mich schlägt, damit er top in Form ist. Oder ich überlasse ihm die besseren Trainingszeiten. Uns hier in Prag auf der gleichen Seite – womöglich sogar im Doppel – zu sehen, schlägt hoffentlich auch über die Tennis-Welt hinaus Wellen. Auf der Tour schaust du stets, dass es dir selbst am besten läuft. Aber wir verstehen uns auch da gut. Auf dem Court sind wir konzentriert, sobald wir das Terrain verlassen locker. Wir freuen uns, wenn der andere das Maximum erreicht. 

Hätten Sie beide letztes Jahr gedacht, 2017 solche Erfolge zu feiern?
Wir haben uns viel zugetraut, sollten wir gesund bleiben. Aber dass wir wieder um die Nummer 1 kämpfen werden, niemals. Und noch viel weniger, dass wir vier Grand-Slam-Titel untereinander aufteilen.

Wie entstand Ihre Idee für den «Laver Cup»?
Ich wollte den älteren Spielern eine vernünftige Rolle geben, träumte von einem Tennisfest für sie. Wenn sie überhaupt die Turniere besuchen, sitzen sie meist nur da, müssen Fragen zu Djokovic, Rafa und Roger beantworten. Dazu haben sie doch gar keine Lust. Das finde ich irgendwie unangenehm. Hier spielen wir nun für Rod Laver und geben zwei Legenden für drei Jahre einen Job. Die Captains John McEnroe und Björn Borg inspirieren unsere Generation und wir die Jungen, die den Laver Cup in Zukunft markieren.

Sind Sie hier als Geschäftsmann oder als Spieler?
Ich sehe mich weder als Geschäftsmann noch als Gastgeber. Vor allem bin ich Tennisspieler. Ich engagiere mich, weil mir der Event was bedeutet. Mit dem Format oder der Finanzierung habe ich nicht viel zu tun – das hat Tony Godsick und seinem Management-Team gemacht. Tony fragte mich im Vorfeld aber oft nach meiner Meinung. Ich weiss, was für die Spieler und die Fans am besten ist.

Wie stehen Sie zu Bierbaron Jorge Lemann, der auch Geldgeber ist?
Seine Frau ist bei meiner Foundation im Stiftungsrat, daher habe ich ihn in den letzten Jahren immer besser kennengelernt. Er ist sehr nett und durch seine Davis-Cup-Vergangenheit eng mit dem Tennis verbunden. Lemann im Hintergrund ist sehr hilfreich. Es ist nicht einfach, sowas auf die Beine zu stellen. Viele sind dagegen, sagen der Anlass sei gegen die Tour, es brauche ihn nicht.

Was sagen die Spieler?
Bis jetzt habe ich nur Gutes gehört. Beim Znacht sassen wir zusammen – ich alleine, andere brachten noch Begleitung mit – und besprachen die Taktik. Ich fand es schön, wie interessiert alle waren und mitreden wollten. Aber am Schluss trifft nur einer Entscheidungen, bei uns Björn Borg. Rafa und ich können mit der Hierarchie gut umgehen.

Sind Borg und McEnroe Ihre früheren Helden?
Borg war für mich einer wie Michael Jordan. Ich sah ihn nie spielen, weiss aber, was er für unseren Sport bedeutet. Da er sich selten zeigt, umgibt ihn etwas Mysteriöses. Ich wusste immer viel über ihn wegen meinem früheren, schwedischen Coach Peter Lundgren. Björn steht in meiner Idol-Rangliste recht weit oben. McEnroe finde ich super, weil er nicht nur als Einzel- und Doppelspieler viel fürs Tennis gemacht hat. Seine Arbeit als Kommentator ist hoch einzuschätzen. Wenn einer wie John kommentiert, interessiert es die Leute noch viel mehr. 

Haben Sie sich körperlich komplett erholt?
Der Rücken war nach Montreal wirklich mühsam, danach jagte ein kleines Problem das nächste. Nach dem letzten Match in New York war ich echt froh, dass es vorerst vorbei war. Ich weiss ja, dass nach einer Woche Pause neunzig Prozent aller Beschwerden weg sind. Jetzt fühle ich mich wieder gut. Ich trainierte hier dreimal mit Tomas Berdych, auch der Belag liegt mir.

Wie kommt es, dass dieser schwarz ist?
Das war nicht meine Idee, sie kam von der Turnier-Organisation. Sie wollten etwas einzigartiges, ganz anderes machen. Und nach ein paar Testrunden auf dem schwarzen Belag – die ersten waren wohl nicht fernsehtauglich – hat es funktioniert. Er ist etwas seltsam für uns Spieler, aber ich habe mich bereits daran gewöhnt. Es sieht schön, minimalistisch, stylish aus. 

Wie geht es nach dem Laver Cup für Sie weiter?
Ich werde ihn hoffentlich positiv nützen können und dann endlich wieder mal mit Vollgas trainieren. Die nächsten Wochen werden also extrem wichtig für den Rest der Saison mit Shanghai, Basel, eventuell Paris und den ATP-Finals in London.

Welche Rolle spielt dabei die Nummer 1?
Mein Plan steht – unabhängig von der Weltnummer 1. Die ist für mich beinahe etwas zweitrangig geworden, mit Nadals Vorsprung ist sie wieder in weite Ferne gerückt. So werde ich mich jetzt wieder auf meinen Rhythmus konzentrieren und nur spielen, wenn ich parat bin.

Letzte Frage: Was sagen Sie zur FCB-Krise?
Ich habe alles verfolgt, man kann sicher von einer Mini-Krise sprechen. Am Samstag gegen den FCZ wird es ziemlich wichtig. Aber es gehört dazu! Im Sport kannst du nicht zehn Jahre lang nur gewinnen und nie unten durch müssen. Spieler und Coaches dürfen jetzt nicht überreagieren. Sie müssen sich hinterfragen und richtige Entscheidungen treffen. Ich als Fan werde nun nicht auf ihnen rumhacken. Gerade in solchen Zeiten bin ich noch mehr Fan.

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