Roger Federer kassiert das erste Break. Des Turniers, und er steht immerhin schon in Runde 3. Schuld daran ist John Millman (ATP 47). Der 30-jährige Aussie, bekennender Mann des Volkes, der lieber auf einer intimeren und Publikums-näheren Tennisbühne gegen die acht Jahre ältere Schweizer Legende gespielt hätte, ist auch in der grössten «Rod Laver Arena» heiss. Gefährlich heiss, wie sich schnell herausstellt.
Millman deckt den Court flink ab, verstrickt Federer in lange Ballwechsel, macht dabei viel Druck und wenig Fehler. Die lässt er seinen Gegner machen, der im ersten Satz geradezu vom beflügelt wirkenden Millman überrollt wird. Unverständlich, was dann passiert: Als Millman zum Satz serviert, breakt Rogers zurück. Alles wieder in der Reihe – würde er daraufhin nicht seinen Service zu Null und damit den ersten Satz im Turnier verlieren: 4:6.
Federer holt das Beste aus Millman raus, so viel steht fest. Ähnlich wie letztes Jahr aus Stefanos Tsitsipas. Sein griechischer Achtelfinal-Bezwinger – amtierender Tennis-Weltmeister – verliert in diesen Minuten auf dem zweitgrössten Court des Melbourne Parks gegen den Kanadier Milos Raonic... Ein schlechtes Omen?
Immer wieder Mühe gegen Millman
Der Schweizer wirkt unstabil, macht doppelt so viele Fehler wie sein Gegner, seine Körpersprache ist niemals so selbstbewusst wie in den ersten beiden Runden. Vielleicht, weil er wusste, was ihm blüht. «Das wird der erste Härtetest», hatte der ohne Vorbereitungsturnier angereiste Roger angekündigt. Neben dem schmerzhaften US-Open-Achtelfinal-Out in der schwül-heissen New Yorker Nacht 2018, das er mehr auf gesundheitliche als spielerische Defizite zurückführt, hatte er schon vor fünf Jahren in Brisbane Mühe gegen den zähen Australier.
«Aussie Aussie Aussie», halten die Millman-Fans den «Come-on-Roger»-Rufen entgegen. Die Menge geniesst es hier sichtlich, die Sympathien sind für den ultrabeliebten Superstar ungewohnt ausgeglichen – so wie auch der zweite Satz. Die Entscheidung fällt im Tiebreak: Und beim deutlichen 7:2 wirkt Roger erstmals überlegen.
Federer senkt Fehlerquote
Das lässt hoffen für Satz 3. Und tatsächlich – auch wenn es der besorgten Mine seiner Frau Mirka nicht anzusehen ist – gewinnt das Spiel der Weltnummer 3 mehr an Vertrauen. Federer senkt seine Fehlerquote massiv. Während er selbst beim Service schadlos bleibt, gelingt ihm schliesslich das nötige Break zum 6:4.
Macht er den Sack jetzt zu? Das ausgeglichene Spiel ist jetzt erstklassig, Millman solid, Roger flink und sicher. Und doch ist es der Lokalheld, der unter grossem Gejohle der perfekt unterhaltenen Menge das Break zum 4:3 macht! Den Rückstand kann der sechsfache Australian-Open-Sieger nicht mehr aufholen, dem 4:6 folgt ein fünfter Satz.
Mirka wird immer blasser
Der ist nichts für Fingernägelkauer – selbst den Spielern zittert wohl die Hand. Break Millman zum 2:1, Re-Break Federer zum 2:2. Auf der Uhr schlägt es Mitternacht – und Mirka, die immer blasser wird und die Augen schliesst, hält den Spuk beinahe nicht mehr aus. Er geht weiter bis in die zweite Kurzentscheidung, diesmal in einen Match-Tiebreak auf 10 Punkte, Rogers ersten. Und der bringt ihm Glück: Er dreht einen 4:8-Rückstand zum 10:8-Sieg. Zittert sich nach über vier Stunden in den Achtelfinal! «Oh mein Gott, das war hart – wäre es ein normaler Tiebreak, hätte ich ihn verloren», lauten die ersten Worte des Siegers. Sie klingen enorm erleichtert.
«Ich fühlte mich nie in einer bequemen Zone. John machte es mir extrem schwer heute.» Die aufgeteilte Unterstützung im Stadion nehme er deshalb keineswegs persönlich. «Die hatte er mehr als verdient.» Und weil dieser Zittersieg sein 100. bei den Australian Open ist, gibt es noch vor Ort eine Highlight-Show vieler vergangener Jubel.
Wenigstens auf dem Papier dürfte der Achtelfinal dieses Jahr nicht Endstation sein. Seine Gegenüber: Marton Fucsovics (ATP 67), den er beide vorherigen Male ohne Satzverlust schlug. In Form scheint der 27-jährige Ungar aber zu sein – diese Woche schickte er schon die Supertalente Denis Shapovalov (Ka) und Jannik Sinner (It) sowie Dimitrov-Bezwinger Tommy Paul (USA) nach Hause.
Ein solches Ende – ist das toll, oder schreckt es Sie eher ab?
«Es passiert in der Tat nicht so oft, wir Spieler sind diese Super-Tiebreaks ja nicht gewöhnt. Du denkst nur, so lange es keinen Matchball gibt, kann ich noch gewinnen... Aber die Luft ist so unfassbar dünn! Sie ist mir in der Vergangenheit schon ausgegangen, aber heute war ich auf der glücklichen Seite.»
Ihre Fehlerquote war recht hoch – hat Millman sie so stark unter Druck gesetzt oder haben Sie den Ball nicht so gespürt?
«Ehrlich gesagt: Nichts gegen die Statistiker – aber über vier Stunden die Fehler zu zählen, bringt nicht so viel.»
Gefällt Ihnen das Format mit dem Match-Tiebreak im fünften Satz?
«Es ist wohl vor allem wichtig, dass wir an jedem Grand Slam ein anderes Ende haben... (lacht). Mir ists egal, Hauptsache ich kapiere rechtzeitig, wie gezählt wird und höre dem Schiedsrichter gut zu. Es war lustig: Bei 7:4 dachten viele im Stadion, der Match sei vorbei! So oder so entscheidet nicht nur das Ende eines Matches über Sieg oder Niederlage. Es gibt schon früher Möglichkeiten dazu.»
Ist die Zeit der Ungewissheit nach diesen drei Runden nun vorbei?
«Jeder Gegner setzt dich vor andere Herausforderungen. Millman hat ein Spiel, das für mich recht schwierig ist. Mal sehen, was es mir gebracht hat, trotzdem zu gewinnen. Jedenfalls sicherlich die Gewissheit, unter Druck spielen zu können.»
In welcher Verfassung ist Ihr Körper nach dieser Anstrengung?
«Da dieser Match über vier Stunden immer gleich verlief – immer intensiv, immer an der Grundlinie – werden auch immer die gleichen Muskeln belastet. Ich habe es gut verkraftet, darf sehr zufrieden sein für mein Alter. Für den nächsten Gegner ist es allerdings immer von Vorteil, wenn der andere einen brutalen Match in den Knochen hat. Man weiss ja nie, ob letztlich in der Defensive ein bisschen fehlt. Ich mache mir aber grundsätzlich keine Sorgen.»
Der nächste heisst Marton Fucsovics. Was erwarten Sie von ihm?
«Ähnliches, wie von Millman – er spielt ebenfalls sehr konstant, viel von der Grundlinie, hat eine gute Rückhand und einen effektiven Service. Ich kenne ihn gut, er kam auch schon zu mir nach Zürich, um mit mir zu trainieren. Er ist ein toller Typ, und er hat hier ein paar tolle, allesamt junge Spieler geschlagen. Ich will dann noch wissen, was er von ihnen hält.»
Ein solches Ende – ist das toll, oder schreckt es Sie eher ab?
«Es passiert in der Tat nicht so oft, wir Spieler sind diese Super-Tiebreaks ja nicht gewöhnt. Du denkst nur, so lange es keinen Matchball gibt, kann ich noch gewinnen... Aber die Luft ist so unfassbar dünn! Sie ist mir in der Vergangenheit schon ausgegangen, aber heute war ich auf der glücklichen Seite.»
Ihre Fehlerquote war recht hoch – hat Millman sie so stark unter Druck gesetzt oder haben Sie den Ball nicht so gespürt?
«Ehrlich gesagt: Nichts gegen die Statistiker – aber über vier Stunden die Fehler zu zählen, bringt nicht so viel.»
Gefällt Ihnen das Format mit dem Match-Tiebreak im fünften Satz?
«Es ist wohl vor allem wichtig, dass wir an jedem Grand Slam ein anderes Ende haben... (lacht). Mir ists egal, Hauptsache ich kapiere rechtzeitig, wie gezählt wird und höre dem Schiedsrichter gut zu. Es war lustig: Bei 7:4 dachten viele im Stadion, der Match sei vorbei! So oder so entscheidet nicht nur das Ende eines Matches über Sieg oder Niederlage. Es gibt schon früher Möglichkeiten dazu.»
Ist die Zeit der Ungewissheit nach diesen drei Runden nun vorbei?
«Jeder Gegner setzt dich vor andere Herausforderungen. Millman hat ein Spiel, das für mich recht schwierig ist. Mal sehen, was es mir gebracht hat, trotzdem zu gewinnen. Jedenfalls sicherlich die Gewissheit, unter Druck spielen zu können.»
In welcher Verfassung ist Ihr Körper nach dieser Anstrengung?
«Da dieser Match über vier Stunden immer gleich verlief – immer intensiv, immer an der Grundlinie – werden auch immer die gleichen Muskeln belastet. Ich habe es gut verkraftet, darf sehr zufrieden sein für mein Alter. Für den nächsten Gegner ist es allerdings immer von Vorteil, wenn der andere einen brutalen Match in den Knochen hat. Man weiss ja nie, ob letztlich in der Defensive ein bisschen fehlt. Ich mache mir aber grundsätzlich keine Sorgen.»
Der nächste heisst Marton Fucsovics. Was erwarten Sie von ihm?
«Ähnliches, wie von Millman – er spielt ebenfalls sehr konstant, viel von der Grundlinie, hat eine gute Rückhand und einen effektiven Service. Ich kenne ihn gut, er kam auch schon zu mir nach Zürich, um mit mir zu trainieren. Er ist ein toller Typ, und er hat hier ein paar tolle, allesamt junge Spieler geschlagen. Ich will dann noch wissen, was er von ihnen hält.»