Die ganze Tennis-Schweiz wünscht es sich, die meisten unter den 17'800 Zuschauern in der gewaltigen O2-Arena auch. Vermutlich sogar die meisten Tennis-Fans dieser Welt. Was für eine schöne Geschichte wäre es, wenn der Rekordmann der letzten Jahre, der eine ganze Tennis-Ära geprägt hat, mit 34 Jahren den derzeitigen Dominator aus Serbien ausbremsen würde!
In den Gruppenspielen gelingt es Federer. Er lässt Djokovics Serie von 23 Siegen in Folge und 39 in der Halle reissen. Doch als es um den Titel beim Masters der Jahresbesten geht, dreht Djokovic wieder auf.
Er ist solide wie ein Fels in der Brandung. Und Federer, der 19 brillante Winner schlägt, begeht unter höchster Risikobereitschaft auch 31 Fehler, mehr als doppelt so viele wie sein Gegner (14).
Der Schweizer ist flink, aufgepumpt, schreit, ballt die Faust. Das kreischende Publikum will seinen Schweizer Helden auch zum Erfolg pushen. Doch das alles macht den zähen «Djoker» nur noch giftiger. In den wichtigsten Momenten ist gegen ihn einfach kein Kraut gewachsen.
Federer hat 2015 gegen Djokovic drei grosse Finals verloren
Mit einem Doppelfehler zum 3:6, 4:6 in 80 Minuten ist Federer nach Wimbledon und New York auch im dritten grossen Final des Jahres der Verlierer. Von nunmehr sieben Endspielen 2015 gegen Novak bleiben Roger nur die Erfolge von Dubai und Cincinnati.
Der im Konfetti-Regen stehende Champion hat tröstende Worte für seinen Dauerrivalen, den er nun endlich eingeholt hat (22:22): «Ich hoffe auf viele weitere Partien mit dir, Roger!»
Seinen 11. Titel der Saison, der ihn zum ersten Spieler mit vier Masters-Siegen in Serie macht, schenkt er Boris Becker zum Geburtstag. Sein deutscher Coach wurde gestern 48.
Silberteller statt Pokal – Federer bleibt nur der Trostpreis. Und die Nummer 2 im Ranking gewinnt er ohne Turniersieg auch nicht zurück. Dennoch findet er bei der Siegerehrung Positives: «Es ist zwar nicht spassig auf der Verlierer-Seite. Aber viel besser als letztes Jahr», erinnert er an seine Rückenverletzung und Final-Absage 2014 – der schrecklichste Moment seiner Karriere.
Djokovic habe lächerlich gut gespielt, sagte Federer nach der Niederlage im Platz-Interview. Das musste der Serbe auch, um Roger zu stoppen.
Zum Schluss bedankte sich der Schweizer bei seinen Fans in der O2-Arena. «Ich hoffe, ich sehe euch nächstes Jahr wieder!» Und der letzte Applaus für Federer in diesem Jahr brandet auf.