Nur Cilic kann Triumph verhindern
Federer spaziert in Melbourne-Final

Roger Federer steht fast kampflos im Australian-Open-Final. Sein Gegner Hyeon Chung muss den Halbfinal im zweiten Satz beim Stand von 1:6, 2:5 wegen einer Fussverletzung aufgeben.
Publiziert: 26.01.2018 um 10:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:29 Uhr
Cécile Klotzbach aus Melbourne

Am späten Nachmittag ziehen dunkle Wolken über dem Melbourne Park auf, heftige Windböen fegen über die Tennis-Anlage. Es sind die Vorboten für ein Gewitter, das kurz vor Beginn der Halbfinal-Nightsession mit Roger Federer und Hyeon Chung einsetzt. Das Dach der «Rod Laver Arena» wird geschlossen. Der zweite Australian-Open-Halbfinal wird ein Indoor-Match bei extrem schwülen Bedingungen, die durch die knapp 15000 schwitzenden Zuschauer nicht frischer werden. 

Die Halle ist ausverkauft. Die letzten Sitzplätze konnten für umgerechnet 420 Franken ergattert werden. Zum Vergleich: Der Last-Minute-Preis für den gestrigen Halbfinal, den Marin Cilic gegen Kyle Edmund lag bei 136 Franken.... Der 36-jährige Superstar und sein 21-jähriger Herausforderer aus Südkorea sind ihren Preis wert.

Draussen über dem Dach weint der Himmel – aber nur für Chung. Gleich zu Beginn kassiert er ein Break. Dann verpasst er die umgehende Chance zum Ausgleich. Die beiden Games dauern zwölf Minuten, der restliche Satz weitere 21 Minuten bis zum 6:1. Der 1,88-m-grosse Jüngling mit der weiss gerahmten Brille bekommt nicht viel auf die Reihe. Ist wohl nervös. Oder vor Ehrfurcht erstarrt.

Es ist nicht weiter erstaunlich, denn die Kluft zwischen ihm und dem Titelverteidiger könnte wahrlich nicht grösser sein. Zwischen den beiden Protagonisten liegen 15 Lebensjahre, 95 Turniersiege – darunter 19 an Grand Slams – 56 Weltranglisten-Positionen und 42 Major-Halbfinals vor grosser Kulisse.

Federer spielt weiter Katz und Maus – Chung zahlt Lehrgeld. Er findet auch im zweiten Satz kein Mittel. Von wegen «Chung, die Wand», wie ihn sein Opfer Novak Djokovic beschrieben hatte. Es ist der Schweizer, an dem kein Weg vorbeiführt! Bei 1:4 lässt sich der Bedauernswerte den linken Knöchel verbinden.

Bei 2:5 dann der Schock! Chung muss aufgeben – der Match ist nach einer Stunde schon vorbei. Der Himmel hat tatsächlich für Chung geweint!

So hat sich das auch Federer nicht vorgestellt. Und dennoch: Er steht nach seinem 43. Grand-Slam-Halbfinal – ein einsamer Rekord vor Jimmy Connors und Novak Djokovic (beide 31) – zum 30. Mal in einem Major-Final. Womit er seinen Rekord ebenfalls ausbaut (vor Rafael Nadal mit 23).

Federer nach dem Match (zu SRF)

Über den Finaleinzug

Federer: So will man nicht in den Final kommen, aber schlussendlich nimmt man es. Ich habe im zweiten Satz gemerkt, dass er etwas langsamer wurde, aber ich wusste nicht, wie schlimm es ist. Ich weiss aber aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft es ist, mit Blasen zu spielen. Ab einem gewissen Punkt kann man einfach nicht mehr.

Über die Vorbereitung des Halbfinals

Federer: Ich habe nicht damit gerechnet, dass Chung verletzt ist. Ich wollte offensiv spielen, ihn früh unter Druck setzten. Aber wie gesagt, ich habe gemerkt, dass Chung nicht gerne nach vorne oder auf die Seite läuft. Eigentlich ist es unfair so zu gewinnen, aber was will man machen.

Über den Final

Federer: Ich freue mich riesig auf den Final gegen Marin. Er ist ein super Typ! Marin hatte im Wimbledon-Final die gleichen Probleme wie heute Chung. Er hat definitiv das Zeug dazu, ein grosses Turnier gewinnen zu können.

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