Die Zwangspause im Tennis-Profizirkus trifft Turniere, Spieler und deren Entourage gleichermassen. Denn anders als die bestens positionierten Grand Slams oder millionenschwere Top-20-Superstars leiden kleinere Events und tiefer klassierte Spieler schwer unter den finanziellen Total-Einbussen, welche die Corona-Zeit mit sich bringt.
Für zahlreiche Stars gearbeitet
Welcher Rattenschwanz an der Untätigkeit der Tennisprofis zuweilen hängt, führt jetzt ein Mann namens Ron Yu gegenüber der US-Zeitung «New York Times» auf. Der Koreaner ist ein Racket-Bespanner hohen Kalibers, sammelte mit seinen Saiten bereits 23 Grand-Slam-Titel und viele Erfolge mehr. Unter anderen präparierte Yu, der für die einst von Pete-Sampras-Techniker Nate Ferguson gegründete Firma «Priority One» in den USA arbeitet, schon die Arbeitswerkzeuge von Andre Agassi, Lleyton Hewitt, Stan Wawrinka und Roger Federer.
Dass er normalerweise viel mit dem Schweizer zu tun hat, entschädige seine Familie zuhause in Korea. Dort war man nämlich enttäuscht, das Ron Yu einst sein Studium für seine Tennis-Leidenschaft aufgab und als Bespanner um die Welt tingelt. Dieser Schmerz sei aber mittlerweile vergessen, sagt er. «Meine Mutter mag die Tatsache, dass sie ihren Freunden in Korea sagen kann: Mein Sohn ist mit Roger Federer befreundet und arbeitet mit ihm.»
«Wird mit diesem Job nicht reich»
Könnte sein, dass Mama Yus Wunden jetzt wieder etwas aufbrechen. Denn natürlich hat ihr Sohn momentan beinahe nichts mehr zu tun. «Aktuell sind unsere Einnahmen quasi bei Null», klagt der Star unter den Bespannern – wie schlecht es den zahlreichen anderen seiner Branche geht, die ebenfalls 80 bis 90 Prozent ihres Einkommens verlieren, ist nicht schwer abzuleiten. Yu erklärt: «Die Verträge mit den Spielern sehen vor, dass sie uns fürs Bespannen und Tunen bezahlen, wenn sie spielen. Und eben auf Turnieren.»
Derzeit besaite er statt der üblichen 25 bis 30 Rackets pro Tag nur noch einen oder zwei für Hobbyspieler. Yu hat deshalb einen anderen Teilzeitjob angenommen, der ihm scheinbar weniger gefällt und ihm «gezeigt hat, wie sehr ich Tennis immer noch liebe». Aber in dieser harten Zeit für die ganze Gemeinschaft müsse er noch anderweitig Geld verdienen. «Denn selbst in normalen Zeiten wird man mit diesem Job nicht reich. Man kann allenfalls ein nettes, entspanntes Mittelklasseleben führen.»