Die Videos eines blondes Mädchens gehen weltweit via Youtube, Instagram, Facebook durchs Netz. Sie zeigen, wie es präzise wie ein Schweizer Uhrwerk mit seinem Racket Tennisbälle durch einen Gymnastikring spielt. Über einen an zwei Gartenstühlen befestigten Besen in einer Quartierstrasse serviert, Distanz und Höhe des Netzes exakt ausgemessen. Auf der Terrasse Tennisbälle gegen ein ans Geländer gelehntes Trampolin drescht. Im Garten Wimbledon-Tennis auf dem Rasen simuliert. Oder sich in Schlagpräzision mit einer Holzkelle übt, deren Treffpunkt wesentlich kleiner als bei einem Tennis-Racket ist.
Und natürlich reagiert das Mädchen auf Roger Federers Social-Media-Challenge mit den kurzen Volleys gegen die Wand. Nur toppt sie diese noch, indem sie diese Kunst mit vier Rackets – in der rechten und linken Hand, am rechten und linken Fuss – perfekt durchführt.
Ein Fake oder echt? Das ist die Frage, die sich Tausende von Follower stellen. Denn mittlerweile zählt die 13-jährige Jalena Meyer deren im fünfstelligen Bereich, generiert Millionen von Klicks – und es werden täglich mehr. «Natürlich fake», klärt die 13-jährige R2-Spielerin aus Basel nun auf. Es sei eine Parodie, durch filmische Tricks ähnlich wie ein Daumenkino Bild für Bild zusammengeflickt. «Mit Motion Grafics», präzisiert Vater Alexander Meyer, beruflich ein Profi der digitalen Kommunikation. Er hilft seiner Tochter bei Ideen und Umsetzung ihrer Videos.
«Für die RF-Challenge brauchten wir drei Tage», so Jalena lachend. Und hat Roger Federer reagiert? «Meines Wissens nicht. Dafür hat mir Novak Djokovic ein Smiley und Daumen hoch geschickt – das ist sehr cool.»
Ambitioniert, aber realistisch
Federer, Djokovic und Co. sind ihre Vorbilder. Dass sie einst selbst so erfolgreich und berühmt sein wird, stehe nicht im Vordergrund. «Wir wollen Jalena nicht als Nachwuchsstar verkaufen», betont ihr Vater. «Für das gibt es zu viele gute Tennisspielerinnen und wir werden erst in drei bis vier Jahren sehen, wer den erfolgreichen Weg einschlagen kann.»
Tatsache ist: Seit sie die Aufnahme in die Sportklasse Basel-Landschaft schaffte, wo sie derzeit in die 7. Klasse geht, peilt Jalena eine Tenniskarriere an. Auch sie selbst bleibt aber realistisch und setzt sich nicht mit höchsten Zielsetzungen unter Druck. «Die Chance, Top-Profi zu werden ist nicht sehr gross, aber auch nicht unmöglich. Mein Weg dorthin ist noch sehr lang, aber ich werde probieren, zu den Top-Spielerinnen der Schweiz zu gehören.» Momentan gehört die 1,72m grosse, aufschlagstarke Jalena hierzulande zu den vier Besten ihres Jahrgangs 2006. Darauf lässt sich aufbauen.
Professioneller Auftritt
Bereits sehr professionell gestaltet sich der öffentliche Auftritt der R2 klassierten, jungen Baslerin. Schon mit 12 hatte sie eine Webseite, die ihr Vater gestaltet hat. «Und seit letztem Jahr beackern wir die Social-Media-Kanäle», sagt Alexander Meyer. Seitdem der Tennis-Zirkus und die nötigen Trainingsmöglichkeiten für Jalena durch die Corona-Krise lahmgelegt sind, umso mehr. «Das oberste Ziel ist gesund zu bleiben. Dabei nutzen wir die Pause und die gewonnene Zeit im Alltag bewusst.»
Familie Meyer ging dabei keineswegs konzeptlos vor. Sie stellte sich die Fragen: Wie kann man in dieser Ausnahmesituation unter möglichst realistischen Bedingungen trainieren? Und gleichzeitig im digitalen Netz einen Bekanntheitsgrad erlangen, der für die Sponsoren-Suche der kostspieligen Ausbildung der talentierten Juniorin nützlich sein kann?
Antwort: mit Kreativität. Dieser lassen das Vater-Tochter-Gespann derzeit freien Lauf. «Wir wollen, dass die Leute lachen und darüber reden. Das ist der Sinn des viralen Auftritts», so der Papa, der sich der Gefahren der medialen Neuzeit durchaus bewusst ist und alles vor seiner Tochter filtert. Gekonnt macht diese zugleich ihre Fans neugierig, indem sie verspricht: «Wir haben bereits neue Ideen und arbeiten dran.»