Der TV-Nachtvogel sagt ade
Kerber will im Final eiskalte Williams kitzeln

Die elfte Australian-Open-Nacht. Es ist auch die letzte für die Tennis-Freaks, weil jetzt alles nur noch im Morgengrauen aus Melbourne kommt. Die Ladies Night zum Abschied – für BLICK-Mann Roger Benoit eine Strafaufgabe.
Publiziert: 28.01.2016 um 08:23 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:32 Uhr
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Dominiert nach Belieben: Serena Williams steht vor ihrem Rekord-Grand-Slam.
Foto: AP
Roger Benoit

Der Halbfinal-Start ist um 03.45 Uhr. Auf Eurosport spricht Marco Hagemann von einer vielleicht lösbaren Aufgabe für die als Nummer 4 gesetzte Polin Agnieszka Radwanska (26). Nach 20 Minuten hat uns Serena Williams (34) schlauer gemacht – 6:0.

Eine Machtdemonstration auf dem Weg zum 22. Grand-Slam-Titel, womit sie den Rekord von Steffi Graf einstellen würde. Und nur noch eine Deutsche steht jetzt der siebenfachen Melbourne-Siegerin, die im Final nie verlor, noch im Weg.

Bis der Match nach 64 Minuten durch ist, lässt die Amerikanerin ihre Gegnerin noch etwas leben – 6:4. Williams gewinnt mit Stil, serviert mit drei Assen zum leichten Sieg. Die Zahl der Gewinnschläge sagt alles – 42:4.

Um 04.50 Uhr sagt Hagemann: «Die Anspannung steigt. Das Spiel von Angélique Kerber wird Ihnen von Markus Zoecke und Alex Antonitsch übertragen. Macht keinen Blödsinn, Kerber wollen wir im Finale sehen!»

Da konnte man sich als neutraler Beobacher ja auf was gefasst machen. Zuerst wird die Eurosport-Dame Barbara Schett, die vor allem mit Mats Wilander souverän durch alle Sendungen führt, interviewt. Wir erfahren, dass «Kerber die Favoritin ist, auch wenn sie jetzt natürlich Druck spürt».

Um 05.05 Uhr wirds dann bizarr. Matthias Stach hat vor dem Match Kerber gebeten, ihn zu interviewen! Ein lockeres Gespräch mit vielen Gegenfragen. Wie ist es mit einem Freund? Kerber: «Man nimmt, was kommt…»  Sie plappert munter drauf los, träumt von Familie, Kindern und einem glücklichen Leben. Dann die Frage, ob Stach bei jedem Spiel vor dem Mikrofon neutral sei. «Kaum. Da muss man viel ausblenden, um des Sportes wegen!»

Wie Fairness am Mikrofon klingt,  muss man dann ab 05.19 Uhr mitanhören. Zoecke warnt vor dem Kerber-Auftritt gegen die ungesetzte Britin Johanna Konta (28) sofort: «Ich werde nicht neutral sein!» Zum Glück ist sein Co-Kommentator wieder Alex Antonitsch – und der ist Österreicher. Nur dank ihm ist die Partie noch etwas erträglich.

Auf dem Feld zieht Kerber sofort mit 3:0 davon. Alles klar? Nein. Die Aussenseiterin, die von WTA-Rang 47 grüsst, haut munter drauf los, macht mit einem Break das 3:1. Zoecke: «Bin ich zu streng? Da muss von Kerber mehr kommen!»

Nach 26 Minuten liegt Konta sensationell 4:3 vorne. Zoecke: «Angi muss sich in den Verstand zurückbringen, dass sie die bessere Spielerin ist. Aber noch ist nichts passiert!» Antonitsch geht dazwischen: «Doch, Markus. Da ist schon was passiert. Vor allem mental.» Wir sind direkt froh, dass wir immer wieder die neutrale Stimme hören.

Die Weisheit der Nacht kommt kurz vor sechs Uhr, als es leicht zu regnen beginnt. Doch das Dach muss nach einer kurzen Pause nicht geschlossen werden. Zoecke: «Das kann für Kerber von Vorteil sein – oder auch nicht!» Konfuzius hätte seine helle Freude gehabt…

Kerber gewinnt dann den ersten Satz ohne zu überzeugen gegen Konta, die plötzlich leichte Bälle verschlägt, mit 7:5. Zoecke: «Da hat sich Kerber durchgequält, heiliger Bimbam. Was macht sie mit uns?»

Im zweiten Satz geht es dann schnell. Um 06.43 Uhr ist mit dem ewigen Stöhnen, Hoffen und Gerede am Mikrofon Schluss – 7:5, 6:2. Antonitsch beim Matchball: «Ich glaube ich freue mich mehr als du!» Zoecke, nervlich bereits auf einem andern Planeten: «Ich freue mich still!»

Die klare Favoritin am Samstag beim Finale Williams – Kerber muss hier wohl nicht erwähnt werden. Die Deutsche musste übrigens in der ersten Runde gegen die Japanerin Misaki Doi einen Matchball abwehren!

Die Eurosport-Crew läuft also kaum Gefahr, das Versprechen einzulösen, bei einem Titelgewinn mit der als Nummer 7 gesetzten Kerber gemeinsam in den Yarra-River zu springen…

Es ist also vorbei. Und über 50 Mal hat der TV-Nachtvogel auch die Werbung von Stimorol in einem Tram ertragen müssen. Notabene auf Schweizerdeutsch: Ein Mann, mit zwei Stimorol gestärkt: «Entschuldigung, die Frau ist doch offensichtlich schwanger. Zeigen sie Anstand  und stehen sie auf!» Der angesprochene Mann, der sich vorgedrängt hatte, verschwindet durchs Dach. Die Frau: «Ich bin nicht schwanger.» Aha. Stimorol – trau dich den Mund aufzumachen!

Diese Reklame ist für den TV-Nachtvogel zum weltberühmten Dinner for One geworden. Aber jetzt ist genug, ich bleibe bei Gummibärchen…

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