Der Roger-Check: Tempo, Ausdauer, Nerven
Das sind die Noten zum Federer-Comeback

Federers zwei Matches in Doha dienten als Tests, damit der 39-jährige Comebacker weiss, wo er steht. Wo steht er also? Blick wagt den Check.
Publiziert: 12.03.2021 um 16:25 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2021 um 17:56 Uhr
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Federer selbst strahlt nach seinem Comeback – er stuft es als «gelungen» ein.
Foto: Getty Images
Cécile Klotzbach

Sechs Sätze hat er gespielt – einmal 7:5 im Dritten gewonnen, einmal 5:7 im Dritten verloren. Genug für Roger Federer, seine Schlüsse zu ziehen. Die erste Konsequenz haben er und sein Team nur Stunden nach dem Doha-Out gezogen: Der Comeback-Star kehrt zurück ins Trainingscamp, sagt deshalb das 500er Turnier von nächster Woche in Dubai ab.

Welche Schlüsse ziehen wir? Nehmen wir mal an, bei seiner Rückkehr am Mittwoch war Federer bei rund 80 Prozent Leistungsfähigkeit, mit sauren Muskeln tags darauf nur noch bei 70 Prozent. Trotzdem besiegt der fast 40-Jährige einen Top-30-Spieler und ist gegen Nummer 42 Basilaschwili nur einen Punkt vom Sieg entfernt. Das zeugt von vielen erhaltenen Qualitäten, hier die Noten:

Spielintelligenz

«Ich liebe die Geometrie in diesem Sport», erklärt Federer an Tag 1 des Comebacks. Und seine Leidenschaft fürs Tennis ist vom ersten Ballwechsel sichtbar. Federer misst die Koordinaten seiner Spielwiese wie gewohnt aus – und dies auf beiden Seiten des Rechtecks. Er schockt den Gegner mit kurz crossen Winkelschlägen und langen Bällen entlang der Linie. Selbst variiert er er im Grundlinien- und Volleyspiel. Taktische Finessen gehören zum Plan – der Grund, warum es so viel Spass macht, dem Schweizer zuzuschauen. Weil es in der Umsetzung aber noch etwas hapert, gibts einen halben Punkt Abzug – Note 5,5.

Ballgefühl

Das Tennisspiel an sich sei für ihn wie Velofahren, er verlerne die Schläge nie. So ist es auch mit dem Händchen des Zauberkünstler – man hats, oder man hats nicht. Federer streut ein paar Traumstopps ein, die das Potenzial andeuten, viele geraten ihm aber noch zu lang. Das gleiche beim Volley: Anfangs verhungern ihm nicht wenige Bälle auf dem Racket. Aber schon nach ein paar Sätzen steigert er sich deutlich. Noch reichts «nur» für Note 5.

Geschwindigkeit

Seine Beine tragen ihn noch nicht so schnell wie vor den zwei Knie-OPs und mehreren Phasen an Krücken. Oft kommt er zu spät an den Ball, schon fehlende Zehntelsekunden beeinträchtigen das Timing an der Grundlinie. Die Folge: Rahmenschläge oder fehlende Präzision bei der Ball-Platzierung. Nur durch geduldiges Aufbautraining kommt er hier wieder auf Top-Niveau. Note 4,5.

Ausdauer

Ab Mitte der zweiten Partie wirkt es manchmal, als spare sich Federer hoffnungslose Bälle zu erlaufen. Ein topfitter Roger versucht es immer. Aber ihm geht mit der Zeit die Luft aus, das gibt er selber zu. Es muss keine Folge mangelnder Kondition in seinem Alter sein, ist auch mit der ermüdenden Anspannung bei der Rückkehr vom Training zum Ernstkampf zu erklären. Mit Routine kehren auch Automatismen zurück. Aber nach Monaten mit Coaches an der Seite, die sagen, was zu tun ist, muss sich Federer erst wieder daran gewöhnen, selbst kreativ sein und mitzudenken – auch ans neue, unvertraute Regelwerk. Das kostet Kraft – Note 4.

Service

Die positivste Überraschung beim Comeback. Federers Service funktioniert phasenweise wie zu besten Zeiten. Zwar liegt die Geschwindigkeit nicht bei seinen Rekordwerten, aber Präzision und Konstanz seiner ersten Aufschläge, deren super Quote zweimal um die 70 Prozent beträgt, sind hoch. Die Steigbewegung beim Service belastet die Knie besonders stark. Dass die Weltnummer 6 dies problemlos über sechs Sätze schafft, ist ein gutes Zeichen für die Genesung seines wunden Punkts. Note 6.

Nerven

In den Stunden vor dem Auftritt liegen sie nach eigener Aussage teilweise blank. Nicht wegen der Wichtigkeit des Siegens, der Gegner oder der Erwartungshaltung des Publikums. Sondern wegen der eigenen Ungewissheit seines körperlichen Zustands. Im Match beruhigt sich Rogers Nervenkostüm dann aber, in den wichtigen Momenten hat er die sieben Sinne beisammen. Dies zeigt sich besonders beim ultraspannenden Ende der ersten Partie gegen Evans. Note 5.

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