Federers Worte nach seinem 20. Grand-Slam-Triumph in Melbourne klingen noch nach: Die Nummer 1 werden zu können, ändere nichts an seiner umsichtigen und defensiven Turnierplanung. Er wisse noch nicht, ob er Ende Februar in Dubai spiele oder erst im März für sein «Match for Africa» und Indian Wells in Kalifornien zurückkehre. Zunächst wolle er sich zuhause mit der Familie in den Bündner Bergen vom emotionalen Australian-Open-Stress erholen.
Keine zwei Wochen ist Federer wortbrüchig: Er pfeift auf Erholung, spielt schon nächste Woche das ATP-500-Turnier in Rotterdam, wo er zuletzt vor fünf Jahren antrat. Die Verlockung der Nummer 1, die er sich mit dem Halbfinal-Einzug in Holland erstmals seit 2012 wieder schnappen kann, ist doch grösser als die Vorsicht.
Nach Australien ist Federer auf dem Trip, die Geschichtsbücher weiter zu schreiben. Mit 36 Jahren und 6 Monaten kann er Andre Agassi als älteste Nummer 1 der Geschichte ablösen. Nur 155 Punkte trennen ihn vom Thron. Noch sitzt dort Rafael Nadal, der erst Ende Februar in Acapulco wieder antritt.
In Rotterdam gibt es also kein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Spanier – Roger hat alles in der eigenen Hand. Aber er weiss, dass ihm die dort gemeldeten Stars wie Grigor Dimitrov, Alexander Zverev, Tomas Berdych, David Goffin oder Stan Wawrinka nichts schenken werden.
Ist Federer nun unvernünftig? Nein, wir freuen uns, dass er wortbrüchig wurde. Dass er seine Meinung geändert hat, kann nur heissen, dass er körperlich topfit ist. Einen verfrühten Antritt wie letzten August in Montreal, als er der Verlockung des Thrones ebenfalls erlag, dann das Ziel wegen einer Rückenverletzung verpasste, würde er niemals leichtfertig riskieren. Roger selbst warnte vor der Wiederholung dieses Fehlers. Und wer ihn kennt, weiss, dass er aus Fehlern lernt.