Die Schweizer Sport-Fans staunten ziemlich, als im Dezember bei der «SRF»-Wahl der grössten Schweizer Sportlerinnen und Sportler aller Zeiten der Name von Martina Hingis fehlte. Als fünffache Einzel-Grand-Slam-Siegerin und jüngste Nummer 1 der Tennis-Geschichte hätte sie zu den Nominierten gehören müssen.
Zum Verhängnis wurde Hingis ihre zweijährige Dopingsperre wegen angeblichen Kokain-Konsums, wie Ralph Stöckli dem «Tages-Anzeiger» erklärte. Als Chef de Mission bei Swiss Olympic gehörte der ehemalige Weltklasse-Curler zum Wahl-Gremium.
Hingis war enttäuscht
Nun spricht Hingis erstmals über ihre Ausbootung. «Sicher habe ich das persönlich genommen. Das ist ein schwarzer Fleck in meiner Karriere, den ich nicht ausradieren kann», sagt Hingis in der «MySports»-Sendung «Mensch, Rohr». Die Sperre habe mit ihrer Wahl zur Sportlerin des Jahres 1997 aber nichts zu tun, findet Hingis.
Eigentlich wolle sie das Thema gar nicht gross thematisieren. «Sonst geht mein Puls auf 360.» Dann spricht sie doch darüber: «Ich war enttäuscht, wie man wegen so etwas eine 20-jährige Karriere zunichte machen kann. Ich habe einen Test gemacht, der negativ war. Nur wurde er nicht angenommen.»
Sie sei vom Gremium telefonisch über den Entscheid informiert worden und müsse ihn akzeptieren. Trotzdem sagt sie: «Auf eine Art ist es respektlos.» Damit gibt Hingis die Steilvorlage für ein früher oft debatiertes Thema. «Ist die Schweiz dir gegenüber undankbar?», fragt Moderator Patrick Rohr. «Was meinst du?», antwortet sie rhetorisch. «Manchmal habe ich das Gefühl, ja», sagt Rohr, ehe Hingis konkret wird: «In den letzten zehn Jahren hat es sich zum Besseren gewendet. Früher wurde ich missverstanden. Das zierliche, kleine Mädchen, das die Power-Frauen übertrumpft, haben viele nicht verstanden.»
«Lämpe» mit den Williams-Schwestern?
Mit diesen «Power-Frauen» ist einerseits die Französin Amélie Mauresmo gemeint, die Hingis einst als «halben Mann» bezeichnet hatte. «Das war die falsche Wortwahl. Ich meinte sie sei stark und sportlich und habe mich auch bei ihr entschuldigt.»
Auch ihre Beziehung zu den Williams-Schwestern und deren Papa sei falsch aufgefasst worden. «Ich hatte nie ‹Lämpe› mit ihnen. Sie haben gross darüber gesprochen, wie sie die Nummer 1 werden, dabei war das immer noch ich. Da habe ich halt mein Revier verteidigt. Ich wollte immer meine Resultate sprechen lassen. Das ist halt nicht immer die amerikanische Art», kann Hingis heute darüber lachen. (cmü)
Das ganze Gespräch mit Martina Hingis ist am Sonntag um 20.15 Uhr bei «MySports» zu sehen.