Das Leben ist schön, wenn man Roger Federer heisst. Während die Kollegen unter der gleissenden Sonne bei 40 Grad und mehr leiden, fast kollabieren (Monfils), sich die Füsse blutig laufen (Muguruza) und für die kommenden Runden benötigte Energie verbrauchen, blickt der Schweizer einer späten «Night Session» entgegen.
In Melbourne ist es um 21.30 Uhr, als Federer und sein deutscher Gegner Jan-Lennard Struff (ATP 55) die „Rod Laver Arena“ betreten, zwar immer noch 33 Grad warm. Aber das ist nicht der Rede wert für die durchtrainierten Athleten. Auch nicht für den 36-jährigen Schweizer, der genau darum im heissen Dubai trainiert.
Beide legen los wie die Feuerwehr. Der 27-jährige Struff erweist sich als brandgefährlicher Serve-and-Volley-Spezialist. Federer löscht den Gefahrenherd, indem er dem 1,96-Meter-Hühnen mit der riesigen Spannweite am Netz die Bälle oft durch die Mitte schiesst. Das Break fällt zum 3:2 – die Führung lässt sich der Titelverteidiger bis zum 6:4 nicht mehr nehmen.
Der zweite Durchgang beginnt ausgeglichen. Bei 1:1 verblüfft Struff beim zweiten Breakball gegen sich mit unglaublichem Punkt, der alles an Attraktivität in sich hat. Eine Kostprobe seines Könnens – wenn Roger ihm erlaubt, es zu zeigen... Stattdessen dreht dieser den Spiess um, breakt zum 4:3 – und bringt den Satz nach wenig mehr als einer Stunde Spielzeit abermals 6:4 nach Hause.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt hatte der fünffache Australian-Open-Sieger nicht einen Breakball gegen sich. Doch diese Chance gibt’s für Struff im Dritten: Er nutzt die zweite zur 3:1-Führung! Doch Roger gleicht umgehend wieder aus. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen Bis zum Tie-Break hat der Nordrhein-Westfale sogar Schweizerdeutsch gelernt. Bei einem Punkt für Struff ist ein deutliches „Chum jetzt“ aus seinem Mund zu hören – soll das ein Witz sein?
Egal, am Ende ist ihm nicht mehr zum Scherzen zu Mute. Federer verwandelt den zweiten Matchball zum 7:6 (7:4) und erreicht ohne einen Satz zu verlieren die dritte Runde der Aussie Open.
Und ein guter, alter Bekannter fragt sich derweil, was er am Samstag besser machen kann als die 16 vorangegangenen Male, die er verloren hat: Richard Gasquet, Rogers nächster Gegner. Der letzte von zwei Siegen für den 31-jährigen Franzosen liegt fast sieben Jahre zurück. Der Erste gar 13 Jahre, als sich die beiden zum ersten Mal trafen.
«Er hat ein klasse Spiel. Ich liebe es gegen einhändige Rückhänder zu spielen», freut sich Roger noch auf dem Platz.
Roger weiss also, was er zu tun hat, um die zweite Woche der Australian Open zu erreichen.