Comeback abseits des Rampenlichts
Deutsche lieben Patty

Beim drittklassigen Turnier in Darmstadt ist Patty Schnyder (36) die grosse Nummer. Dabei will sie das gar nicht mehr.
Publiziert: 22.07.2015 um 22:47 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:02 Uhr
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Sportler-Gen: Patty ist auch vier Jahre nach der Karriere noch immer ein Wettkampftyp – und enttäuscht, wenn sie verliert.
Foto: Kathi Bettels
Von Simon Häring (Text) und Kathi Bettels (Fotos) aus Darmstadt

«Tennis ist ein toller Sport», sagt Patty Schnyder, sichtlich um Haltung bemüht. Wir schreiben den 28. Mai 2011, den Tag, an dem ihre Karriere bei den French Open in Paris zu Ende geht. Eine Karriere, in der die mit reichlich Ballgefühl gesegnete Baselbieterin es bis auf Rang 7 der Weltrangliste geschafft hat. Aber eine, in der sie im Herbst ihrer Profi-Laufbahn zuweilen die Lust am Spiel verliert.

Ein Erinnerungsstück von damals ist auch gestern in Darmstadt dabei – das Original-Handtuch. «Von denen habe ich noch ganz viele zu Hause», gesteht Schnyder. Die Tribünen im Tennisclub Bessungen sind gut gefüllt. Patty, die mit einer Wildcard im Hauptfeld steht, ist hier das Aushängeschild, wird vom deutschen Publikum bejubelt. Turnierdirektor Roland Ohnacker hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Schnyder den Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten. Zusammen mit ihrem Partner und dem acht Monate alten Töchterchen Kim Ayla wohnt sie im Spielerhotel im Zentrum Darmstadts.

Es sind Familienferien, bei denen auch Hund Tucker auf seine Kosten kommt und im nahe gelegenen Baggersee Abkühlung findet. Von einem Comeback will Schnyder nichts wissen, auch wenn sie im Sommer noch ein Turnier in Prag bestreiten wird. Ihr gehe es darum, sich zu messen. Das Sportler-Gen wird sie nicht los.

Balljungen, Linienrichter und Hawkeye – all das gibt es in Darmstadt nicht. Die Spielerinnen verpflegen sich am gleichen Ort wie die Zuschauer. Es gibt Würste vom Grill, Frikadellen und Kartoffelsalat. Es geht familiär zu und her. Während sich Patty einwärmt, stösst ihr Partner Töchterchen Kim Ayla im Kinderwagen über die Anlage.

Die meisten Spielerinnen in Darmstadt sind Anfang 20 – wie ihre gestrige Bezwingerin Sofiya Kovalets aus der Ukraine (21, WTA 424), welche die Partie mit 7:5, 4:6, 6:4 gewinnt. Ein Alter, in dem Schnyder schon zu den Top Ten gehörte und um grosse Titel spielte. Das alles hat sie inzwischen weit hinter sich gelassen. «Ich bin glücklicher abseits des Rampenlichts», sagt sie. Ganz ohne gehts aber dann doch nicht.

«Ich war zwar erstaunlich nervös, aber es hat Spass gemacht. Schon die ganze Woche. Wie es weitergeht? Keine Ahnung.» Seit vier Jahren lebt Schnyder am Stadtrand von Hannover ein unaufgeregtes Leben. «Jetzt fahren wir aber in die Schweiz nach Basel, um Freunde zu besuchen.» Aus Darmstadt nimmt sie 132,50 Euro Preisgeld mit.

Heute steht für Schnyder wieder das Spiel im Vordergrund. Ein Spiel, das sie noch immer so gut beherrscht, dass bei ihren raffinierten Stoppbällen ein Raunen durch die Zuschauer geht. Es ist es ein bisschen wie damals, vor 30 Jahren, in der Talentschool in Aesch BL und später in Frenkendorf BL, wo Patty das Tennis-ABC lernte.

Nur ist Patty heute 36, stolze Mutter einer Tochter. Minuten nach dem Spiel dehnt sie im Kreise ihrer Liebsten ihre Muskeln. In ihrem Leben dreht sich immer noch vieles um die gelbe Filzkugel. Aber eben längst nicht mehr alles.

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