Seine Siege über die deutsche Weltnummer 3, Alexander Zverev, und sein Vorbild Novak Djokovic waren noch Sensationen. Gegen den Aussenseiter Tennys Sandgren (ATP 97), der vor 2018 noch kein Grand-Slam-Match jemals gewinnen konnte, galt die zähe Ballwand Hyeon Chung bereits als Favorit.
Und der Südkoreaner erfüllt diese Rolle mit Bravour: 6:4, 7:6, 6:3 lässt er dem amerikanischen Wawrinka-Bezwinger aus Tennessee in knapp zweieinhalb Stunden keine Chance.
Chung ist nicht nur der erste Vertreter seines Landes unter den letzten Vier eines Grand-Slam-Turniers. Er ist auch der Jüngste seit dem Kroaten Cilic, dem dies 2010 hier mit 22 Jahren in Melbourne gelang. Dazu ist die Nummer 58 der Welt auch der am tiefsten klassierte Aussie-Open-Halbfinalist seit Marat Safin (Russ) im Jahr 2004, der damals 86. war.
«Zusammenreissen und viel rennen»
Neben all diesen Bestmarken scheint Chung auch noch ein sympathischer, bescheidener Kerl zu sein. Beinahe schon legendär sind seine netten Siegerinterviews mit Jim Courier auf dem Court. An dieses habe er zu oft gedacht, als er zum Match serviert und 40:0 geführt habe, gibt er zu.
«Als ich plötzlich einen Breakpunkt gegen mich hatte, dachte ich: Nein, nix Siegerinterview, lieber zusammenreissen und viel rennen», so Chung.
Nun, da er das unterhaltsame Gespräch in holprigem Englisch doch führt, nutzt er es, um die vielen Vertreter in seiner Spielerbox vorzustellen, die seit eineinhalb Wochen ununterbrochen frenetisch jubeln dürfen.
Es sind zwei Coaches, darunter der frühere südafrikanische Profi Neville Godwin, sein IMG-Manager Stuart Duguid – der auch für Belinda Bencic zuständig ist – sowie Mum und Dad und zahlreiche Freunde, denen Hyeon wie schon nach seinem Djokovic-Knüller eine Message auf Koreanisch zukommen lässt.
Für den weiteren Verlauf dieses Turniers gibts für ihn nur eine Devise: Fokus halten! Sein nächster Gegner ist wieder einer von grösserem Kaliber als Tennys Sandgren – Roger Federer oder Tomas Berdych, die sich ab 9.30 Uhr Schweizer Zeit in der «Night Session» Down Under gegenüber stehen.
Welcher ihm im Halbfinal lieber sei, stellt Courier die unangenehme Frage. Chung zögert lange, bevor er diplomatisch sagt: «50:50.»