Foto: Sven Thomann

Chaos im ATP-Spielerrat
Djokovic steht vor Scherbenhaufen

Erdbeben um Novak Djokovic. Im Spielerrat laufen ihm die Leute davon, immer mehr steht der Präsident in der Kritik. Auch Federer und Wawrinka finden die Situation «bedenklich».
Publiziert: 01.07.2019 um 13:29 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2019 um 17:07 Uhr
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Novak Djokovic beim Training in Wimbledon. Der Serbe ist zurzeit als ATP-Spielerrats-Präsident nicht zu beneiden.
Foto: Sven Thomann
Cécile Klotzbach, WImbledon

Novak Djokovic ist im Moment wahrlich nicht zu beneiden. Statt sich auf seine erste Runde als Titelverteidiger in Wimbledon gegen den Deutschen Philipp Kohlschreiber zu konzentrieren, muss er sich mit Zerwürfnissen, Misstrauen und Vorwürfen im ATP-Spielerrat auseinandersetzen, den er präsidiert. Sieben Stunden hat die letzte Sitzung in der Nacht von Freitag auf Samstag gedauert. Ausser der Erkenntnis, dass ein Maulwurf in den eigenen Reihen sitzt, der vertrauliche Informationen via sozialen Netzwerken nach aussen trägt, hat sie nicht viel Licht ins Dunkel der Irrungen und Wirrungen gebracht.

«Gewinnsucht und Racheakte»

Im Gegenteil – vier Vertreter im Board der Spielergewerkschaft haben genug. Weder der Schotte Jamie Murray, Bruder von Andy, noch Daniel Vallverdu, Stan Wawrinkas derzeitiger Temporär-Coach, sehen eine Zukunft in der Konstellation unter Djokovic. Auch der Holländer Robin Haase bezweifelt, dass so jemals befriedigend für die verschiedenen Interessen der Spieler gekämpft werden kann. Der Ukrainer Sergei Stachowski twittert, es sei «traurig, dass persönliche Gewinnsucht und Racheakte der Grund für den grossen Graben im Spielerrat» sind.

Vorwürfe seit Fall «Kermode» 

In diesen wurde als erstes der ATP-Präsident Chris Kermode geschaufelt. Und zwar von Djokovic, der sich trotz starken Gegenwindes aus Spielerreihen durchgesetzt haben soll. Seit dem Fall «Kermode», unter dem sich die Preisgelder seit 2013 immerhin verdoppelt haben, wird dem Serben schlechte Kommunikation vorgeworfen. Besonders Rafael Nadal, Roger Federer und Stan Wawrinka beschwerten sich, nicht über die Absetzung des ATP-Präsidenten befragt worden zu sein. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

«Habe nichts zu verstecken»

Prinzipell geht es um die Verteilung von Geldern im Tennis-Zirkus. Wie viel die reichen Grand-Slam-Turniere vom Gewinn an die Spieler weiter geben. Wie schlechter klassierte Spieler finanziell besser gestellt sein könnten. Über die Umsetzung oder das Scheitern von Ideen ist nicht viel bekannt. Und Djokovic hält sich hartnäckig bedeckt, lenkt mit Informationslecks ab. «Ich habe nichts zu verstecken, aber unsere Themen in den Meetings müssen mit oberster Priorität vertraulich behandelt werden», sagt er.

Robin Hood der Tennis-Szene

Stattdessen erklärt er sich als Robin Hood der Szene: «Mein Team will, dass ich zurücktrete. Ich habe auch darüber nachgedacht. Aber etwas in mir sagt, ich muss in dieser wichtigen Veränderungsphase des Tennis bleiben. Einen Top-Spieler zu haben, bedeutet der Gruppe im Rat viel.» Auch wenn es gegen seinen Zeitplan, sein Tennis gehe, er fühle einen grösseren Zweck. «Nur wenn ich mittendrin bin und verstehe, was in diesem System läuft, kann ich einen Unterschied machen.»

Federer genervt, Stan findets «bedenklich»

Tatsächlich blicken andere Top-Spieler wie Federer oder Wawrinka, die nicht mehr wie früher im Spielerrat engagiert sind, nicht mehr durch. «Wenn im Rat oder im Board immer gestritten wird, bewegt sich der Sport nicht mehr in die richtige Richtung», sagt Roger genervt, gibt aber zu:  «Es kehrt einfach keine Ruhe ein. Ich weiss aber auch nicht, was die Lösung ist.» Und auch Stan hat die nicht parat, das Ganze sei zu kompliziert. Sicher sei nur: «Die Situation ist bedenklich, die Emotionen gehen hoch und man hört nur Negatives.»

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