Belinda Bencic, zuerst die Halbfinal-Quali, dann die Aufgabe mit Muskelproblemen: Wie beurteilen Sie Ihre WTA-Finals?
Belinda Bencic: Es war eine super Woche. Ich musste wie schon zuvor in Moskau auch in Shenzhen meine Kämpferqualitäten zeigen. Im Halbfinal war es mit den Krämpfen im hinteren Oberschenkel und später im Fuss ein Spiel zu viel. Das ist zwar schade, aber ich hätte auch viel weniger erreichen können.
Sie haben dieses Jahr über vier Millionen Dollar Preisgeld eingespielt. Alleine an den WTA-Finals waren es 995'000 Dollar.
Dass wir gleich gut bzw. an den Finals sogar besser verdienen als die Männer, ist ein Schritt nach vorne für den Frauen-Sport. Das Preisgeld sollte aber besser verteilt werden. Die Spielerinnen auf den Weltranglisten-Plätzen 100 bis 200 sind auch Profis, die sich einen Coach leisten können sollten.
Hat während Ihren Verletzungspausen der finanzielle Druck jeweils Stress verursacht?
Dank meinen Sponsoren war das zum Glück nie ein Thema. Man spürt allerdings schon den Unterschied, ob man die Weltnummer 325 oder 10 ist. Es ist aber kein Problem für mich, an einem kleineren Turnier im Ibis zu schlafen. So bin ich erzogen worden.
Es gab in China – auch von Ihnen – Kritik am Belag.
Er war die letzten Jahre an den Finals in Singapur schon langsam. Jetzt wollten sie den Belag in Shenzhen medium-schnell machen. Schlussendlich war er aber noch langsamer als in Singapur. Zudem war er sehr rauh, wie Schmirgelpapier. Das geht direkt in die Muskeln. Vier Spielerinnen mussten schliesslich Forfait geben, was sehr schade ist.
Ist die Überbelastung ein Thema auf der Tour?
Klar ist die Saison lang, aber ich will mich nicht beschweren. Es gibt Turniere, die Pflicht sind. Abgesehen davon kann jede Spielerin ihre Saison selbst planen. 2020 kann ich dank des besseren Rankings wählerischer sein und nur die grössten Turniere spielen. Konkret sind für die ersten Monate Brisbane, die Australian Open, Dubai, Doha, Indian Wells und Miami geplant.
Wie wichtig ist Ihnen Olympia in Tokio? Es gäbe die Chance, mal wieder ein Mixed zu spielen.
Das wird ein riesiges Highlight für mich. Ich war noch nie an Olympischen Spielen und bewerte sie wie ein fünftes Grand-Slam-Turnier. Obs mit dem Mixed passt, hängt aber nicht von mir ab. (schmunzelt)
2019 gings für Sie von Platz 55 in der Weltrangliste bis auf Rang 8. Ein überraschender Sprung?
Das ganze Jahr war sicher besser als meine Erwartungen. Anfangs Saison waren die Top 30 oder vielleicht Top 20 das Ziel. Herausragend ist der Saisonschluss: Nach der Krise mit der Verletzung in Cincinnati konnte ich mich seit den US Open steigern und sogar noch für die WTA-Finals qualifizieren.
Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Ich habe mir immer kleine Ziele gesetzt und nicht an jedem Turnier die Halbfinal-Quali von mir erwartet.
War das ein bewusster Entscheid?
Nein, das kommt auf den Charakter der Spielerin an. Ich möchte nicht im Stil von Nadal auf Understatement machen, aber für mich funktionieren kleine Ziele halt besser.
Die Arbeit im Fitness-Bereich mit ihrem Freund Martin Hromkovic scheint auch bestens zu funktionieren.
Mit Martin zu trainieren, macht enorm viel Spass, vor allem Krafttraining für die Beine. In den Armen bin ich dafür schwach wie eine Fliege. Stretching und Bauchübungen hasse ich.
Wie gestalten Sie nun die Winterpause?
Ich fliege jetzt für eine Woche zu Martin die Slowakei. Dann besuche ich eine Woche lang Freunde in der Schweiz, mache mal einen Ausflug in die Berge oder ein Wellness-Weekend. Die Saisonvorbereitung ist noch offen, wir bleiben aber sicher in Europa.