Wie gross ist derzeit Ihr Selbstvertrauen?
Belinda Bencic: Ich habe viel Vertrauen, ja, und das ist ein positives Gefühl. Es ist extrem wichtig, so hast du überhaupt keine Panik, wenn der zweite Satz weg ist und du im dritten Satz wieder bei Null anfängst. Und es hilft enorm, um in engen Situationen gleich gut weiter zu spielen. Aber ich baue deshalb nicht noch mehr Druck auf, nehme nach wie vor Schritt für Schritt ohne grosse Erwartungen und vertraue weiter auf meinen Instinkt – das funktioniert im Moment ja ganz gut.
Keine Erwartungen – geht das überhaupt, wenn man rundum schon als Titelanwärterin gehandelt wird?
Man muss tatsächlich Acht geben vor Euch. Als ich verlor, glaubte kein Mensch mehr an mich. Mit ihr ist es schon fertig, hiess es in den Medien, ihr Talent ist schon erloschen, usw. Jetzt gewinne ich wieder und bin auf einmal wieder die Favoritin. Ich darf diese Aussagen nicht überschätzen, sollte mich nur auf das konzentrieren, was ich fühle. Mein Miniziel war, die erste Runde zu überstehen, damit ich Konstanz bekomme. Dass es jetzt mehr wurde, ist super und ich würde gerne so weitermachen. Aber ohne Druck.
Was ist gleich und was ist vollkommen anders als früher, als Sie beispielsweise beim zweiten Turniersieg in Toronto Ihren Lauf hatten?
Damals ging es stetig immer nur aufwärts. Ich spielte frei auf, dachte noch nicht soviel nach. Die heutige Phase kann man nicht damit vergleichen. Jetzt weiss ich, wie hart der Weg sein kann. Wie es ist, wenn man verletzt ist. Das ist eine ganz andere Seite in einer Karriere. Ich kann mich aber kaum mehr erinnern, wie es damals in mir aussah.
Wie wichtig ist «nicht nachdenken» in einem Match?
Mega-wichtig! Aber nicht einfach. Vor allem wenn das Selbstvertrauen nicht da ist, studiert man plötzlich an der Technik. Wie soll ich jetzt die Vorhand besser spielen? Dabei kannst du die Vorhand ja rein spielen – auch um drei Uhr in der Nacht. Am besten, man vertraut den Automatismen im Körper. Das check ich auch nicht immer, aber ich versuche, es mir immer wieder einzureden.
12 Siege in Serie, 8:1 Dreisatz-Erfolge in der laufenden Saison – welchen Anteil trägt Ihr Konditrainer und Freund Martin Hromkovic an Ihrem Lauf?
Einen grossen Anteil! Meine Fortschritte in der Fitness machen sehr viel aus. Noch nie habe ich mich in meinen Bewegungen so gut gefühlt. Und ich werde nicht müde, nie müder als meine Gegnerinnen. Gegen die Weltspitze muss du einfach unglaublich fit sein – und das viele Wochen in Folge.
Wie auch gegen die nächste Gegnerin, sie heisst Angelique Kerber...
Sie steht im Halbfinal, gewann auch vier Matches, ist also brandgefährlich. Angie ist ein Champion und ich habe grossen Respekt für sie. Ich traf sie ja auch dieses Jahr beim Hopman Cup... (und verlor 4:6, 6:7 Anm. d. Red.)
Wieder eine Top-10-Spielerin...
Wissen Sie, ich hoffe, ich kann auch gegen Nicht-Top-10-Spielerinnen gut sein! Mein Vorsatz wird der gleiche wie immer sein: Ich kämpfe, egal, wer mit welchem Ranking gegenübersteht.
Ihr Rankingziel des Jahres, die Top-30, haben Sie frühzeitig erreicht. Jetzt schlagen Sie eine Top-10-Spielerin nach der anderen – denken Sie, da gehöre ich auch hin?
Auf jeden Fall, ich kann da mithalten. Aber die vielen Favoriten-Outs zeigen: In der WTA ist unter den ersten Hundert alles so eng wie noch nie. Nach Indian Wells habe ich es wieder in die Top-20 geschafft, das ist mehr als ich erwartet habe. Ich fange jetzt also nicht an, Pünktli zu zählen.
Gibt es zur Feier des Halbfinal-Einzugs wieder ein Bier?
Ich glaube schon, ich spiele ja erst am späten Abend. (lacht)