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Jetzt wartet Djokovic
Federer wehrt 7 Matchbälle ab und steht im Halbfinal!

Ein Drama in fünf Akten mit Happy End! Sichtlich angeschlagen gewinnt Roger Federer (ATP 3) seinen Viertelfinal 6:2, 2:6, 2:6, 7:6, 6:3 gegen Ami Tennys Sandgren (ATP 100). Im Halbfinal kommt es nun zum Giganten-Duell mit Novak Djokovic.
Publiziert: 28.01.2020 um 08:17 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2020 um 10:26 Uhr
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Roger Federer steht nach einem harten Kampf im Halbfinal.
Foto: AFP
Cécile Klotzbach, Melbourne

Drei Uhr nachmittags in Melbourne, die Sonne scheint, es ist warm. Die Verhältnisse sollten schneller sein, Roger Federer, der an diesem Turnier erstmals tagsüber spielt, entgegenkommen. Keine gute Aussichten also für US-Aussenseiter Tennys Sandgren, der als Nummer 100 der Welt mit einem Exploit in diesem Viertelfinal für eine Premiere sorgen könnte: Noch nie hat Federer an den Australian Open gegen einen so tief klassierten Gegner verloren.

Doch es wird alles andere als ein gemütlicher Nachmittags-Spaziergang für die 38-jährige Weltnummer 3. Eher ein Drama in fünf Akten, mit einem Ende, das über weite Strecken lang niemand mehr für möglich gehalten hätte.

Gleich im ersten Game muss Roger zwar einen Breakball abwehren, aber im ersten Satz ist er insgesamt noch der bessere Spieler. Erst den sechsten Breakball kann er nutzen – nach 34 Minuten steht es 6:3.

Knatsch mit Linienrichterin

Ab dann nimmt das Drama seinen Lauf: Federer startet schlecht in den zweiten Durchgang – und baut danach immer noch mehr ab. Null Asse, keinen Breakball, nur sieben Winner, dafür 15 unerzwungene Fehler, überwiegend mit der Rückhand, führen zum 2:6 – eine so schlechte Satz-Statistik muss man beim Schweizer suchen!

Was ist nur los mit Roger? Seine Körpersprache ist negativ: Düster blickt er drein, mies gelaunt beschwert er sich über einen Linienrichter. Er lässt die Schultern hängen, die mangelnde Körperspannung spiegelt sich in seinen Bewegungen wieder.

Tennys Sandgren gegenüber spielt einfach Tennis. Gutes Tennis, so wie er es gegen die Stars meistens macht. 4:2 lautet die Bilanz des Trump-Anhängers aus Tennessee gegen Top-10-Gegner an Grand Slams. Auf dem Weg in diesen Viertelfinal hat er die beiden Italiener Matteo Berrettini (ATP 8) und Fabio Fognini (ATP 12) eliminiert. «Er müsste eigentlich besser klassiert sein», sagte auch Federer, der Sandgren schon ein paar Mal zugesehen hatte.

Schlimmer gehts nimmer, möchte man vor Satz 3 meinen. Gefehlt, ab nun läuft alles weiter aus dem Ruder. Wieder eröffnet Roger mit einem Break gegen sich. Drei Breakbälle nutzt er nicht. Wieder legt sich der berühmte Tennis-«Gentleman» mit einer Linienrichterin an, die bei dann bei der auffallend schönen Schiedsrichterin Marijana Veljovic petzen geht. Diese spricht eine «Verwarnung wegen Obszönitäten» aus – Roger versteht die Welt nicht mehr. «Kann sie Schweizerdeutsch?», fragt er ironisch... Beim Seitenwechsel nach dem 0:3 nimmt er ein medizinisches Time-Out.

Das war klar, etwas kann hier nicht stimmen! Womöglich was im Rücken – drei Doppelfehler könnten ein Indiz dafür sein. Fünf Satzbälle wehrt er noch ab, dann rinnt ihm auch dieser Satz 2:6 durch die Finger.

Federer gibt nicht auf

Niemand würde es zu diesem Zeitpunkt wundern, wenn Federer aufgeben würde. Doch das hat er in seinen 1511 Profi Matches, zu denen er antrat, noch nie (0!) getan. Und er tut es auch dieses Mal nicht. Respekt für Sandgren, der seinen Streifen unbeeindruckt vom einseitigen Publikum, das seinem Liebling helfen will, und von der Tragödie, die sich auf der anderen Seite des Netzes abspielt, durchzieht. Obwohl er nicht mehr in die Ecken läuft, seinen Gegner etliche Winner machen lässt und selbst weiter Fehler streut, hält der strauchelnde Tennis-König noch irgendwie mit. Als er bei 4:5 drei Matchbälle abwehrt, erreicht die Stimmung in der «Rod Laver Arena» den höchsten Lärmpegel. Im Tiebreak wirds ultra spannend: Nachdem er hoffnungslos 3:6 zurückliegt, wehrt Roger wieder drei Matchbälle ab und gleicht auf 6:6 aus. Und nachdem er auch den siebten Matchball abwehrt gewinnt er die Kurzentscheidung 10:8!

Erstmals nun steht auch Federers Crew, die in der vergangenen Stunde nicht mehr an ihren Mann geglaubt hat. Ist es möglich, dass dieser tapfere Kämpfer hier tatsächlich noch den Kopf aus der Schlinge zieht? Es ist! Die ersten beiden Breakbälle lässt er noch verstreichen, den dritten aber krallt er sich zur 4:2-Führung. 5:3 – Roger serviert zum Matchgewinn.... Und dies mit dem ersten Matchball!

«Ich verdiene es eigentlich nicht»

Unfassbar, aber wahr: Nach dreieinhalb Stunden gewinnt Roger seinen zweiten Fünfsätzer an diesem Turnier, seinen 102. Match insgesamt bei den Australian Open. Und er wird der älteste Halbfinalist seit Ken Rosewall (42) im Jahr 1977! Aber ihm ist nicht einmal zum Jubeln zumute. «Manchmal muss man etwas Glück haben, das sag ich Ihnen. Ich hoffte einfach, dass er hier und da einen Fehler macht. Spielt eigentlich keine Rolle. Irgendwann fühlte ich mich wieder besser, aber weiss auch nicht, wie ich das geschafft habe. Ich verdiene es eigentlich nicht, hier zu sein», sagt Federer im Platzinterview.

Fast wäre er Opfer seines Alters geworden und hätte sich angeschlagen, wenn nicht gar verletzt verabschieden müssen. Was war das Problem? Federer: «Ich spürte meine Leiste, dann meine Beinmuskulatur – ich zeige nicht gerne Zeichen der Schwäche, rufe nicht gern den Physio, aber es war wirklich nötig. Dachte nur noch, ich lass es ihn mit Stil vollenden und gehe Skifahren in der Schweiz. Aber gleichzeitig glaube ich an Wunder. Und voilà...»

Was dies für seine weiteren Chancen bedeutet, ist mehr als fraglich. Sicher ist: Für sein nächstes Match gegen Novak Djokovic oder Milos Raonic (spielen später) muss er schnellst möglich wieder top-fit werden. Dessen ist sich auch der Maestro bewusst: «Ich hoffe so oder so, dass es mir besser geht als heute. Sonst gehe ich dann definitiv Skifahren...»

Djokovic ohne Mühe weiter

Novak Djokovic zieht problemlos in den Halbfinal ein. Der Serbe muss gegen seinen kanadischen Herausforderer Milos Raonic keinen Satz abgeben und gewinnt überlegen mit 6:4, 6:3, 7:6.

Raonic bekundet vor allem zu Beginn grosse Mühe mit Djokovics Spielweise. Während der «Djoker» sein Aufschlagsspiel jeweils ohne Mühe durchbringt, muss der Kanadier um jeden Punkt kämpfen. Sowohl im ersten wie auch im zweiten Satz muss sich Raonic jeweils einmal breaken lassen. Selber schafft er es nicht, Djokovic mal einen Aufschlag abzunehmen.

Im dritten Satz ist er zwar jeweils nahe dran, doch die Weltnummer 1 beweist in den entscheidenden Ballwechsel stets einen kühlen Kopf. Nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden steht fest: Es kommt im Halbfinal zum Jubiläums-Duell mit Roger Federer. Die beiden Tennis-Giganten treffen zum 50. Mal aufeinander.

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