Das 3:6 in Satz 1 dieser Drittrunden-Partie ist eine Fehlerorgie. Vorallem des Romands, der doppelt soviele Bälle verzieht wie sein serbischer Gegner. 14 an der Zahl. Wawrinka bewegt sich schlecht, sein Racket fliegt mehrmals zu Boden – eine desolate Vorstellung.
Was ist nur los mit Stan? In seinem letzten Match hatte er noch bestochen – und dann das! Ist er verletzt? Oder vom frischen Winde verweht? Nachdem sich der Regen in Melbourne gelegt hat, sind die Temperaturen heute empfindlich kühl. Liebeskummer kann es kaum sein – seine Donna sitzt bei den Eltern Wawrinka in der Spieler-Box. Ihr düsterer Blick hat wohl mehr mit dem Spiel ihres Liebsten zu tun.
Auch der zweite Satz beginnt fehlerhaft. Wieder lässt Stan seine Wut am Racket aus. Doch dann rüttelt er sich mit einem Befreiungs-Schrei wach. Und zeigt endlich die Qualitäten, mit denen er die Australian Open 2014 gewonnen hat: Kampfgeist und knallharte Passierschläge. 6:2, 6:2 trocknet er den 30-jährigen Troicki, der 2013/14 eine einjährige Dopingsperre absitzen musste, die folgenden zwei Sätze ab.
Bis zur Break-Orgie im Vierten. Viermal nehmen sich die beiden den jeweiligen Vorsprung ab. Die Entscheidung führt über ein nervenaufreibendes Tiebreak – das Stan schliesslich mit 9:7 ins Trockene bringt.
Stan stellt nach dem Match fest: «Das war nicht mein bestes Tennis. Aber es ist egal, ob ich schlecht, ok oder gut spiele – nur der Sieg zählt.»
Zum Wetter meint Wawrinka: «Es war recht windig, deshalb war es nicht einfach zu spielen. Ausserdem ändern die Bedingungen mit jedem Wetterumschwung und jeder Spielansetzung – also mit schwankenden Temperaturen – total.
«War ziemlich frustiert»
Auch zu seinem Hänger im ersten Satz - 6 verlorenen Games in Serie - äussert sich der Schweizer: «Ich war ziemlich frustriert. Es war kompliziert, was alles in meinem Kopf rumging. Aber zum Glück bin ich mittlerweile erfahren genug, diese negativen Gedanken auf die Seite zu schieben und positiv weiter zu machen.»
Egal wie – was zählt ist: Zum fünften Mal in Folge erreicht die Schweizer Weltnummer 4 die Achtelfinals der Aussie-Open. Und statt des unberechenbaren Heimstars Nick Kyrgios wartet hier der Italiener Andreas Seppi (ATP 89), gegen den Wawrinka schon achtmal gewonnen hat. Bei drei Niederlagen, deren letzte (auf Sand) schon über vier Jahre zurückliegt. Wenn das mal keine guten Neuigkeiten sind!
Stan wird seinen Achtelfinal am Sonntag bestreiten. «Das wird ein interessanter Match. Auch Seppi hat viel Erfahrung – und der schnelle Belag hier kommt ihm entgegen. Man hat bei Istomin gegen Djokovic gesehen, was gegen solche Spieler passieren kann. Deshalb sind wir immer so zurückhaltend und nehmen immer nur Match für Match. Ich sah Ausschnitte des Spiels – aber es ist schwierig zu beurteilen, was los war, wenn man nicht zum Team gehört.»