Dieser Mann ist unglaublich: Novak Djokovic spielt über drei Sätze mit einbandagiertem Oberschenkel und gewinnt dennoch gegen niemand geringeren als Carlos Alcaraz, die Nummer 3 der Welt. Der Serbe steht nach dem 4:6, 6:4, 6:3, 6:4 zum zwölften Mal im Halbfinal der Australian Open – nur einen hat er bislang verloren.
Beim Stand von 4:5 im ersten Satz – Djokovic hat soeben das Break kassiert – nimmt der Grand-Slam-Rekordsieger ein Medical Timeout und verlässt den Platz, um sich behandeln zu lassen. Den Satzverlust kann er nicht mehr verhindern, spielt in der Folge aber wie ausgewechselt. Er hält bei den langen, physisch anspruchsvollen Ballwechsel gegen den fast 16 Jahre jüngeren Spanier stark mit – übrigens die grösste Altersdifferenz zwischen Melbourne-Viertelfinalisten seit Jimmy Connors und Andre Agassi 1989 (18 Jahre). Alcaraz begeht seinerseits in den entscheidenden Momenten zu leichte Fehler, sodass ihm die Sätze zwei und drei um kurz vor Mitternacht Ortszeit aus den Händen gleiten.
Medikamente zeigten Wirkung
Einmal mehr bewahrheitet sich, was im Tennis schon seit jeher gilt: Tennis ist Kopfsache. Und da scheint Djokovic einmal mehr die Oberhand zu haben, während der dreifache Grand-Slam-Champion aus Murcia immer wieder mit sich hadert. Und sein erstes Aufschlagspiel im vierten Durchgang direkt wieder abgibt. Djokovic gibt diesen Vorsprung nicht mehr ab, auch wenn er bei eigenem Service nochmals mächtig unter Druck gerät. Den ersten Matchball verwertet er um kurz vor 1 Uhr Ortszeit.
Schon während der Partie wird seine Verletzung im Netz kontrovers diskutiert. Was genau das Problem ist, will Djokovic nach dem Spiel nicht verraten. Im Platz-Interview sagt er lediglich: «Ich habe ein paar Medikamente genommen, die haben dann ab dem dritten Satz Wirkung gezeigt.» Er gibt aber zu: «Hätte ich den zweiten Satz verloren, weiss ich nicht, ob ich weitergespielt hätte.»
Vor Alcaraz habe er den «den grössten Respekt und Bewunderung», wie er betont: «Ich wünschte, dies wäre der Final gewesen. Das Spiel gehört zu den epischsten, die ich je auf diesem Court gespielt habe.» Was er bis nach dem Spiel gar nicht realisiert hat: Seine Kinder sind bis zum Schluss geblieben. «Jetzt müsst ihr aber ins Bett», witzelt der Halbfinalist.
Djokovics Mission «25» intakt
Die Nummer 3 des Turniers hat er aus dem Weg geräumt, jetzt trifft Djokovic auf die Nummer 2 Alexander Zverev (27). Im Direktvergleich führt der 37-Jährige klar mit 8:4 gegen den Deutschen. In Melbourne sind die beiden erst einmal aufeinandergetroffen: Den Viertelfinal vor vier Jahren gewann der «Djoker» in vier Sätzen.
Der zusätzliche freie Tag – die Halbfinals finden erst am Freitag statt – komme gerade gelegen. «Mal schauen, ob ich genug gut sein werde gegen Zverev. Er spielt momentan sein bestes Tennis.» Die Mission 25. Grand-Slam-Titel ist aber intakt.