Der grauhaarige Mann im blauen Shirt sitzt scheinbar entspannt auf der Court-Seite des «Team Europa». Mal steht er behäbig auf, klatscht seine Spieler ab. Meist faltet er seine Hände wie zum Gebet, schlägt gesittet seine Beine übereinander. Auch beim Laver Cup ist Captain Björn Borg cool, der Iceman, wie man ihn von früher kennt. «Dabei bin ich hier nervöser, als wenn ich selbst spielen würde», sagt er. In Schweden habe man ihn oft für den Captains-Job im Davis Cup angefragt, aber er habe nie zugesagt.
Viel mehr Erfahrung in dieser Rolle hat der Grauhaarige im roten Shirt auf der anderen Platzseite. John McEnroe zeigt in den USA seit Jahrzehnten viel Herzblut beim Team-Coaching auf der Bank. Wenn er nicht aufspringen und stehen darf, zucken beim Sitzen seine Beine. Er ballt die Fäuste, wirft sein Gesicht in Sorgenfalten, redet auf seine Spieler ein.
Zwei wie Feuer und Eis – das bestätigt auch Roger Federer. «Ihr Stil ist ganz anders. John zeigt den Chef, entscheidet, was läuft. Björn ist ruhig, passt sich meist an. Er spricht nur, wenn er wirklich was zu sagen hat. Dann dafür klar und deutlich. Ich bin ein Fan von beiden. Und es ist schön, dass sich die beiden trotz der Unterschiede so gut verstehen.»
Borg gegen McEnroe gabs nur über drei Jahre
Das tun sie, wie die einstigen Tennis-Superstars hier betonen. «Wir sind gute Freunde, stehen seit Jahren in engem Kontakt», so der 61-jährige Borg. Der drei Jahre jüngere McEnroe wünschte sich nur, ihre Rivalität hätte länger gedauert. «Roger und Rafa spielten über eine Dekade 37 Mal und es geht noch weiter. Wir trafen uns nur 14 Mal.»
Ihre Duelle, von denen jeder die Hälfte gewann, fanden im Zeitraum von nur drei Jahren statt – 1978 bis 1981. 1983 beendete Borg als elffacher Grand-Slam-Sieger mit nur 26 Jahren seine Karriere. «Björn hat mich zu einem besseren Spieler gemacht. Ich habe alles versucht, ihn zur Fortsetzung zu überreden», so «Big Mac», der sieben Majors gewann und 1980 die Weltranglisten-Führung übernahm. «Selbst wenn es mich die Nummer 1 gekostet hätte.»
Die Feindschaft, sofern es je eine gab, ist damals auf dem Platz geblieben. In den letzten 25 Jahren trafen sich McEnroe und Borg auf der Seniorentour, den ATP-Zirkus meidet der Schwede lieber. «Ich würde ihn gerne öfters an Turnieren sehen», sagt der Amerikaner, der auf der Tour als TV-Kommentator glänzt. «Umso schöner ist es, dass Björn hier in Prag ist. Ich liebe ihn.»
«Vergessen Sie Nadal, Federer und all die anderen»
Gleichermassen bewundern die beiden auch das heutige Tennis. «Es ist so viel schneller und härter – das sehe ich vor allem jetzt, wo ich so nah dran sitze», so Borg. Ausserdem sei die Herausforderung durch die riesige, weltweite Konkurrenz grösser. McEnroe hätte gerne das heutige Wissen über Aufbau und Erholung eines Athleten-Körpers: «Das Ende meiner Karriere wäre damit wohl besser verlaufen.»
Trotz veraltetem Tennis: Jeder würde gerne sehen, wenn der kühle Schwede und der Rowdy mit dem gefühlvollen, linken Händchen in der tschechischen Hauptstadt auch zum Racket greifen würden. McEnroe dazu: «Wenn es beim Laver Cup 12:12 steht, spielen wir vielleicht einen Tie-Break. Vergessen Sie Nadal, Federer und all die anderen. Wir entscheiden die Sache hier!»
«You cannot be serious» (Das meinen sie nicht ernst), hätte er selbst darauf wohl geantwortet. Sicher nicht – schon allein, weil der Captain mit seinem «Team World» gegen das übermächtige Tennis-Europa weit von einem ausgeglichenen Spielstand entfernt ist. Im frechen Mundwerk hat Big Mac indes auf ewig die Nase vorn: «Wenn ich Björn zum Duell herausfordere, rennt er sowieso immer gleich in die andere Richtung...»