Das Pflichtprogramm ist für dieses Jahr bewältigt, die Saison auf der ATP-Tour ist vorbei. Ferien hat Roger Federer (38) aber noch lange nicht.
Am Montag ist der Schweizer nach Buenos Aires geflogen. Der Zwischenhalt in Argentinien ist der Auftakt in eine Woche voller Schaukämpfe, die Reise führt ihn in fünf lateinamerikanische Länder. Zu einem schwierigen Zeitpunkt. In der Region geht es politisch und sozial gerade besonders heftig zu. «Ich bin natürlich auf dem Laufenden, was dort drüben los ist», sagt Federer in London zu BLICK, bevor er in sein Privatflugzeug steigt. Auf dem Flugplan: Ein Trip nach Argentinien, Chile, Kolumbien, Ecuador und Mexiko. «Mein Team ist in Kontakt mit allen Städten, die ich bereisen werde. Die Sicherheit muss natürlich gewährleistet sein.»
Heftige Unruhen in Chile
Am ruhigsten wird es wohl in Argentinien. Am Dienstag schlägt der achtfache Wimbledon-Champion dann in Santiago, Chile, auf. In einem Land, das sich seit einem Monat im Ausnahmezustand befindet: Was als Studentenrevolte gegen eine Erhöhung des Metro-Tickets begann, endete mit dem Militär auf den Strassen, 24 Toten, Hunderten von Verletzten und einer neuen Verfassung.
Das wirft die Frage auf: Wie sicher ist die Lage? «Es wird auch soziale Aktivitäten und Sicherheitsmassnahmen geben, je nachdem, was im Land passiert, mit mehreren Sicherheitsringen um das Stadion herum», räumt Rodrigo Sanchez ein, Sprecher des Unternehmens, das die Veranstaltung in Chile organisiert. «Der Zeitplan ist sehr eng, wir werden das Beste herausholen, während die Exhibition bei uns ist.» Klar ist: Chile ist ein Land in Schwierigkeiten, Ecuador ebenso, und auch in Mexiko und Kolumbien ist die Lage nicht vollends friedlich.
Federer: «Ich freue mich riesig auf die Länder, mache ja keinen politischen Trip dorthin, sondern gehe als Sportler, der hofft, dort etwas Freude verbreiten zu können und es gleichzeitig auch selbst geniessen will. Die Probleme dort sind eigentlich losgelöst von mir. Logisch ist mir aber bewusst, dass solche Dinge auch politisch genutzt werden.» Wobei er seine Sportart in dieser Sache etwas weniger gefährdet sieht. «Tennis ist neutraler als Fussball oder andere Sportarten.»
Duell gegen Zverev – in zwei Hemisphären!
Egal, wo er hinkommt: Der Schweizer wird in der Region als regelrechte Gottheit empfangen. alle sind verrückt nach Federer. Das zeigt sich in einer Reihe seiner Auftritte: Am Montag ist er die zentrale Figur eines Gala-Dinners in Buenos Aires (1500 Dollar pro Person). In Mexiko spielt er in einer Stierkampfarena. In Ecuador macht er sich sogar daran, Norden und Süden miteinander zu verbinden. In Quito wird auf dem Äquator ein Platz aufgebaut, gegen den Deutschen Alexander Zverev wird Federer den Ball zwischen Nord- und Südhalbkugel hin- und herschlagen.
Heinrich Schellenberg, der Schweizer Botschafter in Argentinien, verfolgt mit Begeisterung in seinem Twitter-Countdown Federers Ankunft im Land: «Er ist in Topform!»
«Warum ist Roger nicht schon früher gekommen?»
Dabei sind andere Dinge mindestens so wichtig wie der Sport. Die Tennis-Trainings in jeder Stadt und die Interviews zum Beispiel. Dafür werden die ganz grossen Geschütze aufgefahren. Zum Beispiel der Venezolaner Nicolás Pereira, Star-Kommentator beim TV-Sender «ESPN».
«Roger muss sich fragen, warum er nicht früher in diese Gegend gekommen ist», sagte Federer-Manager Tony Godsick schon vor sieben Jahren, als sein Schützling von der damaligen Präsidentin Cristina Kirchner empfangen wurde. Gut möglich, dass auf der Begeisterungsskala diesmal neue Höchstwerte erreicht werden.