In den Gängen des All England Clubs, die zum Centre Court führen, muss Timea Bacsinzsky zehn Minuten warten. Aber falls sie etwas ausser der Musik unter ihren grossen Kopfhörern mitbekommen hat, dürfte es für sie inspirierend gewesen sein. Unmittelbar bevor sie ihre ersten Schritte auf den heiligsten aller Rasen macht, werden in einer Zeremonie die britischen Olympia-Champions geehrt. Sie alle sitzen gestylt in der Royal Box, wo als Höhepunkt auch Lokalheld Andy Murray – sportlich im Trainer – auftaucht.
Das Setting für unsere Olympia-Silbergewinnerin im Tennis-Doppel ist also perfekt. Und auch Timeas Start in die dritte Runde ist zunächst perfekt: Sie durchbricht sogleich Agnieszka Radwanskas Aufschlag – kassiert allerdings umgehend das Re-Break. Die Schweizer Weltnummer 20 liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der zehn Plätze besser klassierten Polin mit langen, abwechslungsreichen Ballwechseln. Beide Athletinnen sind mit ihren 28 Jahren laufstark, spielen mit Gefühl und Tempowechseln – begeistern so das Publikum.
Nach 50 Minuten gewinnt Bacsinszky den ersten Satz mit 6:3. Entwickelt sich die Lausannerin von einer Sandhäsin zur Rasenspezialistin? Ihr bestes Ergebnis in Wimbledon ist der Viertelfinal von 2015. Aber bis jetzt ist sie in vielen Belangen einen Tick besser als Radwanska, die hier vor fünf Jahren schon den Final sowie zwei weitere Male die Halbfinals erreichte.
Aber prompt dreht die Polin im zweiten Durchgang auf. Ihr gelingt ein frühes Break, das Timea trotz zweier Breakchancen nicht wieder aufholen kann. Nach eineinhalb Stunden steht es 4:6, 1:1 in Sätzen. Und es kommt noch schlimmer: Die Schweizerin nimmt in Folge ein medizinisches Time-Out, lässt ihren linken Oberschenkel einbandagieren.
In Satz 3 findet sie den Tritt gar nicht mehr. Nachdem das Match bis zu diesem Zeitpunkt eineinhalb Stunden gedauert hat, ist es nach einer weiteren guten halben Stunde vorbei. 1:6 verliert sie das Match im letzten Durchgang. Wie schon im Vorjahr bedeutet für Timea Bacsinszky die dritte Runde von Wimbledon Endstation.
Timea hadert nach dem Spiel: «Die Verletzung hat leider viel zu dieser Niederlage beigetragen. Gegen sie gewinnst du nur, wenn du ganz schnell auf den Beinen bist. Nachdem ich diesen Schmerz im Oberschenkel und Adduktorenbereich spürte, war das leider nicht mehr gleich möglich.»
Nun halten nur noch Roger Federer und Martina Hingis (im Doppel und Mixed) die Schweizer Fahne in Wimbledon hoch.
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Das sagt Timea sonst noch:
«Ich glaube, mein Level war etwas besser als ihres. Aber ich kann ihr nur gratulieren. Sie hat es durchgezogen und ist die Art Spielerin, die schnell verstand, wo bei mir das Problem lag, und mich dann entsprechend herumjagte.»
«Ich bin ein Mensch, der bis zum Ende ans Unmögliche glaubt. Deshalb habe ich nicht aufgegeben. Aber jetzt bin ich natürlich sehr enttäuscht. Verletzungen sind nicht das coolste in einer Karriere. Aber ist gibt bei uns ja kaum jemanden der sich immer wie eine Blume fühlt. Und zum Glück ist es auch unsere Qualität, dass die Erinnerung für Negatives schnell verblasst.»