Tags zuvor hatte Roger Federer seinen nächsten Gegner noch gelobt. «Eine Frage der Zeit, bis er die Top-20 knackt. Ein harter Gegner.» Und dann führt er dem Briten Kyle Edmund vor, wie einen Schülerbub. Dass der erste Satz doch 28 Minuten dauert, ist nur mit dem dritten Game zu erklären, in dem der Schweizer drei Breakbälle abwehren muss. Ansonsten nimmt er dem in Südafrika geborenen Weltnummer 23 einen Aufschlag nach dem anderen ab.
Auch der zweite Durchgang ist relativ schnell erledigt. Das vorentscheidende Break für Federer fällt zum 3:2 – danach lässt Edmunds vier weitere Breakbälle ungenutzt. Nach insgesamt 63 Minuten steht das finale 6:4 fest.
Ein kurzes Vergnügen für die Legenden, die sich den Tennishelden der Neuzeit ansehen wollten: Neben Pete Sampras, mit dem Federer hier in Indian Wells noch immer ein Date offen hat, sitzt auch der 80-jährige Rod Laver wieder einmal auf der VIP-Tribüne. «Vor diesen Vorbildern zu spielen, bedeutet die Welt für mich», sagt Roger artig, dann scherzt er: «The Rocket und Pistol Pete – ich wünschte ich hätte mal einen so coolen Übernamen!» Nicht zufrieden mit «Maestro»?, fragt ihn der Interviewer. «Das ist ja wohl nichts im Vergleich!»
Jetzt gegen Aufsteiger aus Polen
Für eine Rakete oder Pistole ist unser Tennis-Künstler halt viel zu elegant. Im Energiesparmodus spaziert der Vorjahres-Finalist geradezu durchs Tennis-Paradies in der kalifornischen Wüste bis in die Viertelfinals. Schon die Drittrunden-Partie gegen Landsmann Stan Wawrinka hatte sogar weniger als eine Stunde gedauert – einzig gegen den deutschen Auftaktgegner Peter Gojowczyk brauchte er rund eine Viertelstunde länger.
Und den Namen, auf den Roger hier als nächstes trifft, haben wohl nur eingefleischte Tennis-Insider jemals gehört. Es ist der 22-jährige Hubert Hurkacz (ATP 67) – wieder ein Gegner, auf den der 37-jährige Schweizer in seiner langen Karriere noch nie getroffen ist – er kennt den Polen allerdings von einem Training in Shanghai. Und wieder einmal einer dieser Riesen: 1,96 Meter ist der Pole gross – nur zwei Zentimeter kleiner als Federers Final-Bezwinger 2018, Juan Martin del Potro (Arg).
Hurkacz rang in einem zweistündigen Dreisätzer Kanadas Zukunftshoffnung Denis Shapovalov nieder und setzt damit das Auslöschen vielversprechender Namen fort. Schon am letzten Turnier in Dubai schaltete er Kei Nishikori aus. «Hubert ist auch einer dieser Aufsteiger», weiss Roger und verspricht: «Ich werde ihn ganz bestimmt nicht unterschätzen.»
Aussicht auf Halbfinal-Duell mit Nadal
Denn auf einen Halbfinal würde er sich ganz besonders freuen: Hier könnte er im Siegesfall auf Rafael Nadal treffen, der es ebenfalls mit einem lockeren Zweisatzsieg über Filip Krajinovic weiter geschafft hat. Rafa wirke erstklassig diese Woche und favorisiert gegen Karen Khachanov – obwohl der Russe ein grosser Test sei. Die Aussicht auf ein erstes Duell mit seinem Langzeitrivalen seit Herbst 2017 sei verlockend: «Für solche Gelegenheiten trainiere ich so hart. Aber solange ich gut klassiert bin, muss ich weit in einem Turnier kommen, um auf Top-Spieler zu treffen. Und das ist bei Masters 1000 gar nicht so leicht.» Auch wenns bei Federer manchmal doch so aussieht.