Karl Erb war der unbestrittene Sportreporter-Star am Schweizer Fernsehen, als dieses in den 60er und 70er-Jahren in jedem Haushalt eine grosse Rolle spielte. Buchstäblich jeder Deutschschweizer kannte ihn.
Er half mit, das Angebot an Sport-Sendungen auszubauen und kommentierte fast alle Live-Übertragungen gleich selber: Leichtathletik, Springreiten, Radrennen, Formel 1, Ski alpin, Ski nordisch, usw. Unvergessen, ja legendär, wie er Bernhard Russis Weltmeistertitel 1970 (noch in schwarz-weiss) und Olympia-Sieg 1972 (in Farbe) kommentierte.
Mit seinen Zielinterviews in mehreren Sprachen gleich für alle an die Eurovision-Übertragung angeschlossenen Länder machte er sich auch international einen Namen. So wurde er von den Österreichern zum Chef aller Platzsprecher an den Olympischen Spielen von Innsbruck 1976 ernannt. Dabei profitierte ich ein erstes Mal von ihm. Er rekrutierte mich, den jungen Lauberhorn-Speaker, für die Sparten Ski alpin und Eishockey.
Daneben konnte ich von seinem grossen Wissen als Live-Kommentator zehren, das er bereitwillig an Kursen am Schweizer Fernsehen weitergab. Seinen hohen Ansprüchen galt es nun zu genügen, sonst folgte die Kritik auf dem Fuss, und die war militärisch klar und direkt und mit dem harten Berner Schädel nicht verhandelbar!
Schade, versickerte die Kritik-Kultur
Nach Erbs Abgang vom Fernsehen versickerte diese Kritik-Kultur etwas. Schade, sie würde noch heute jedem Reporter guttun und zur Qualitätssteigerung beitragen. Erb erfand in einer Zeit, in welcher der Computer noch in weiter Ferne lag, geniale Hilfsmittel und Arbeitsweisen für den Live-Reporter. Grosse Kartons etwa mit einem ausgeklügelten System für alle Informationen, die sofort einsehbar waren. Oder auch einen Holzklötzchen-Tabulator, in welchem man die Skirennfahrer nach der Zieldurchfahrt sogleich rangmässig einreihen konnte.
Er war auch der schnellste Kopfrechner und kannte den Namen des Slalomsiegers als Erster, denn die beiden Slalomlaufzeiten wurden von der Jury noch von Hand und ohne Eile zusammengezählt, zu langsam fürs Fernsehen!
Karl Erb hat eine ganze Generation von Sportreportern, die nach ihm kamen, beeinflusst, natürlich auch mich. Sport war für ihn noch Lebensschule und Körperertüchtigung, Sportübertragungen Informationssendungen. Mit seinen scharfsinnigen und emotionalen Kommentaren trug auch er freilich dazu bei, dass sich die Gewichte immer mehr von der Information zur Unterhaltung verschoben.
Diesen Trend verfolgte er mit Sorge und riet mir damals als Sportreporter auch dringend davon ab, mich als «Quizonkel» zu verdingen. «Damit wirst du deine ganze Glaubwürdigkeit verlieren!» Im hohen Alter gestand er mir zu, dass er sich in dieser Hinsicht wohl getäuscht habe. Doch auch hier gilt: So unrecht hatte er mit seinen konservativen Ansichten nicht! Deshalb, Karl, wo immer du dich nun aufhältst: Bleibe deinen Prinzipien weiterhin treu!