Jetzt hat Michelle Gisin die Sammlung, die ihr so viel bedeutet, komplett. Beim Riesenslalom von Kranjska Gora (Sln) fährt die 27-Jährige auf Rang 3 und hat nun in allen fünf Ski-Disziplinen einen Podestplatz im Palmarès. Das gelang seit Vreni Schneider keiner Schweizerin mehr! «Vreni ist eine Volksheldin, eine Ski-Legende. Dass ich es nun auch geschafft habe, ist genial», sagt Gisin.
Rückblick. Als die Engelbergerin auf dem eisigen, schattigen Hang im Nordwesten Sloweniens mit der zweitbesten Zeit über die Ziellinie rast, ist es amtlich: Sie wird das Rennen auf dem Podest beenden. Dass die italienische Riesen-Dominatorin Marta Bassino kurz darauf noch schneller ist, macht nichts. Gisin hat es geschafft.
Und das Handy des SonntagsBlick-Reporters blinkt auch bereits – eine Whatsapp-Nachricht. Der Absender ist Vreni Schneider. Sie schreibt: «Unglaublich! Fantastisch!» Gisin kurz darauf: «Dass Vreni in diesem Moment an mich denkt und mir gratuliert, macht diesen Podestplatz noch spezieller.»
Gold-Vreni ist von Gisin begeistert. «Sie fährt seit Saisonbeginn so locker und mit so viel Freude. Ich ziehe vor ihr den Hut», so die Elmerin.
«Hier liegt man halt auf dem Popo»
Den ersten Lauf schaut sich Schneider noch zuhause vor dem TV an. Gisin driftet dabei zwar einige Tore an – aber wer tut dies an diesem Samstag nicht? «Das war ein wahnsinnig schwieriger Riesenslalom, mit extrem viel Wasser präpariert. Aber mir fiel auf, dass Michelle schon vor dem Start locker drauf war – und genau so fuhr sie auch», so Schneider.
Am Nachmittag muss die Ski-Legende, die in ihrer Heimat die Ski-, Snowboard- und Rennschule leitet, dann aber doch kurz bangen. Jedoch nicht, weil sie an Gisin zweifelt. «Nein, ich musste noch ins Kinderland nach dem Rechten schauen und danach meinen Sohn Flavio, der am Samstag 15 Jahre alt wurde, abholen. Darum war ich mir nicht sicher, ob ich noch rechtzeitig für Michelles Lauf parat sein würde.»
Letztlich klappt es, Schneider verpasst keine Sekunde. Und Gisin? Sie meint: «Dieser Hang war schwierig, aber sowas braucht es unbedingt auch im Frauen-Skisport.» Dass die Strecke eher einer Eisbahn als einer Skipiste gleicht, mache nichts. Im Gegenteil. «Je aggressiver der Schnee, desto mehr Kreuzbandrisse gibt es. Hier liegt man halt auf dem Popo, wenn man etwas falsch macht – mehr passiert aber meistens nicht.»
Lara Gut-Behrami als 8. kommt mit den Verhältnissen ebenfalls gut klar, auch Priska Nufer (19.), Mélanie Meillard (20.) und Simone Wild (25.) punkten. Wendy Holdener dagegen scheidet schon früh aus.