Wir schreiben den 5. Februar 2015. Österreichs Abfahrts-Altmeister Michael Walchhofer geniesst in Vail im House of Switzerland ein Käse-Fondue. Während er ein Stück Brot in der «Moitié-Moitié»-Mischung rührt, drehen sich seine Gedanken um die Favoriten für die WM-Abfahrt auf der «Birds of Prey» in Beaver Creek. Dann legt er sich fest: «Der Patrick Küng hat mir hier bis jetzt überhaupt nicht gefallen, der wird im Rennen keine Chance haben!»
Den Rest der Geschichte kennen wir – Walchhofers Expertise entpuppt sich zwei Tage später als totaler Käse. Küng wird zum King, siegt vor dem Amerikaner Travis Ganong und Beat Feuz und wird Weltmeister.
Starkes Training
Aber was hat dieser Rückblick auf 2015 mit der Gegenwart zu tun? Sehr viel. Auch diesmal rechnet am Tag vor der WM-Abfahrt kaum jemand mit einem Sieg von King Küng. Warum auch? Der Glarner hat vorgestern den Super-G als 22. komplett verhauen, und im Weltcup war er in diesem Winter nie besser als Siebter (Abfahrt in Val-d’Isère). Aber eben, vor zwei Jahren ist der Sohn eines Transport-Unternehmers vor seiner Gold-Fahrt auch nicht viel besser ins Fahren gekommen. Beim WM-Super-G landete er auf dem 17. Rang, und im Weltcup hat er in der Saison 2014/15 auch keinen Podestplatz herausgefahren.
Das heisst im Klartext: Küng geht morgen mit der nahezu gleichen Ausgangslage wie vor zwei Jahren an den Start der WM-Abfahrt. Mit dem Unterschied, dass er diesmal ein besseres Trainings-Resultat abgeliefert hat. In Beaver Creek hat er sich erst im Abschlusstraining mit einem bescheidenen 13. Rang den vierten Schweizer Startplatz neben Feuz, Janka und Défago gesichert. Hier hat der Titelverteidiger im ersten Training mit der drittschnellsten Zeit aufhorchen lassen.
Den wichtigsten Grund für einen neuerlichen Küng-Exploit verrät der Glarner gleich selber: «Die Beschaffenheit des Schnees ist in St. Moritz praktisch identisch wie in Beaver Creek. Auf dieser Unterlage fühle ich mich einfach besonders wohl, und ich habe mein Material in der Saisonvorbereitung auch in erster Linie für genau diese Bedingungen abgestimmt.»
Machs noch einmal, Paddy!