Selten war die Stimmung bei einer Streckenbesichtigung derart schlecht wie vor diesem Super-G auf der Garmischer Kandahar. Die starken Regenfälle und die milden Temperaturen hatten die Piste stark aufgeweicht. Deshalb tendierte FIS-Rennleiter Markus Waldner am Samstagmorgen sogar zu einer Rennabsage.
Nachdem die Piste nochmals mit Salz und Wasser nachpräpariert worden war, schaltet die Jury die Ampel aber doch auf Grün. Dem Walliser Justin Murisier (Rang 14) wäre es jedoch lieber gewesen, hätte Waldner seinen ursprünglichen Plan durchgezogen: «Dieser Wettkampf war dem Weltcup nicht würdig. Das war schlimmer als bei einem FIS-Rennen (kleine Rennen unterhalb Europacup, d.Red.)!»
Deutliche Worte findet auch Marco Odermatt, der als Vierter seit Kvitfjell im März 2022 (und zwölfmal in Serie auf dem Podium) erstmals bei einem Weltcup-Super-G neben dem Podest landet. «Ich sage zwar nicht, dass es schlechter war als bei einem FIS-Rennen. Aber es war eben auch nicht besser als eine Veranstaltung im FIS-Bereich.»
«Die Kurssetzung war viel zu einfach»
Odermatt holt Luft und wird dann konkret: «Zuerst möchte ich der Pisten-Crew ein Kompliment machen, dass sie es unter schwierigsten Bedingungen geschafft hat, eine Piste zu präparieren, die derart lange gehalten hat. Aber: Die Kurssetzung war zu einfach, dieser Lauf hat höchstens fünf richtige Kurven beinhaltet. Zudem war der Schnee extrem langsam und weich. Beim Anschieben am Start sind meine Stöcke rund dreissig Zentimeter eingebrochen. Beim zweiten Tor hatte ich ein Gefühl wie nach dem Après-Ski im Frühling.»
Der zweifache Gesamtweltcupsieger stellt deshalb Garmisch als Ausrichter von Speed-Rennen ernsthaft in Frage. «Ich kann die Leute im OK zwar verstehen, dass sie auf dieser geschichtsträchtigen Strecke Weltcuprennen durchführen wollen. Aber das Ziel liegt hier auf nur 700 Meter. Deshalb ist die Chance relativ klein, dass die Temperaturen um diese Jahreszeit tief genug sind. Und meines Erachtens darf es nicht sein, dass wir Ende Januar auf einer Salzpiste Super-G fahren.»
Der Nidwaldner plädiert dafür, dass Garmisch von der FIS zu einer reinen Slalom-Destination gemacht wird: «Die Slalomfahrer sind sich im Gegensatz zu uns salzige Pisten gewohnt. Und weil die Garmischer mit dem Gudiberg den perfekten Slalom-Hang besitzen, sollte dieser meines Erachtens einen Fixplatz im Weltcup-Kalender bekommen.»
Ein Polster von 71 Punkten im Kugel-Kampf
Zwei positive Erkenntnisse kann Odermatt aber auch aus diesem Super-G ziehen: «Ich freue mich, dass mein Teamkollege Loïc Meillard neben Nils Allegre und Guglielmo Bosca auf dem Podest steht, das ist total verdient. Da ich mich vor Vincent Kriechmayr und Cyprien Sarrazin klassiert habe, konnte ich meine Führung in der Super-G-Gesamtwertung sogar leicht ausbauen.»
Vor den drei letzten Rennen in dieser Disziplin liegt der 26-Jährige im Kampf um die kleine Kugel 71 Punkte vor Kriechmayr und 161 Zähler vor Kitzbühel-Doublegewinner Sarrazin.