Weggefährten zum Feuz-Wunder
«Beat war sogar rückwärts schneller als ich»

Beat Feuz (28) versetzt mit seinem Comeback die Ski-Welt in Staunen. Die Wiege des Feuz-Wunders steht im Emmental. BLICK besucht fünf besondere Weggefährten.
Publiziert: 02.02.2016 um 20:32 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:00 Uhr
Comeback-Wunder – Feuz wird in Kitzbühel Zweiter.
Foto: EQ Images
Marcel W. Perren (Text) uns Sven Thomann (Fotos)

Beutlerschwand, Schangnau
Unweit von Beats Elternhaus im Roseggli bewirtschaftet Urs Blatter mit seiner hochschwangeren Frau Jacqueline einen Bauernhof mit zwanzig Milchkühen und ein paar Freiberger Pferden. Der «Ürsu» hat im Schulhaus Bumbach während acht Jahren mit «Beätu» ein Pult geteilt. «Nur in der dritten ­Klasse bin ich nicht neben ihm ­gesessen, weil ich da ­lieber neben einem hübschen Meitschi sitzen wollte. Aber nach einem Jahr bin ich dann wieder zu meinem Kumpel gezügelt», erzählt Urs. Blatter und Feuz haben in ihrer Kindheit aber auch ausserhalb des Klassenzimmers viel Zeit miteinander verbracht. «Manchmal habe ich bei ihm oder er bei mir übernachtet. Ein Abend ist mir in besonderer Erinnerung geblieben – da haben wir Pin­guine, die meine Grossmutter ­gestrickt hat, mit dem Messer ­geschlachtet.»

Nachbarn: Der kleine Beat (l.) mit Urs Blatter beim Ovo-Trinken.
Foto: Sven Thomann

Natürlich haben die beiden «Klassen-Zwillinge» zusammen auch viel Zeit auf der Skipiste verbracht. Urs hatte dabei aber sehr viel weniger Spass als Beat: «Bei den Schülerrennen habe ich zehn Sekunden und mehr auf Beat verloren. Und wenn wir gemeinsam auf die Piste gegangen sind, ist er manchmal mir zuliebe rückwärts gefahren – aber selbst rückwärts war er noch schneller als ich im Vorwärtsgang.»

Pinguin-Schlächter: Im Chindsgi mimen sie Unschuldslämmer – Beat Feuz (2. v. l.) und Urs Blatter (2. v. r.) – daheim haben die Buben den von der Grossmutter gestrickten Pinguin mit dem Messer geschlachtet.
Foto: Sven Thomann

Doch in der Schulstube war der furchtlose Pisten-König wie ein umgedrehter Handschuh. «Wenn Beat vom Lehrer im Unterricht aufgerufen wurde, ist sein Gesicht rot angelaufen, seine Ohren haben regelrecht geleuchtet, weil das Reden vor Leuten damals überhaupt nicht seine Sache war. Darum war ich total erstaunt, als er bereits bei seinem ersten grösseren Fernseh-Auftritt sehr gut und sicher gesprochen hat.»

Blatter mit seiner Frau Jacqueline.
Foto: Sven Thomann

Sägestrasse, Langnau
Konrad Friedli ist nicht nur der Patron der gleichnamigen Metallbau AG, der «Könu» war in der JO Schangnau auch der erste Ski-Trainer von Feuz. Mit einem breiten Grinsen erinnert er sich an die Zeit mit dem eher trainingsfaulen, aber genialen Jüngling zurück: «In den Sommermonaten ist Beat nur in die JO gekommen, wenn wir Fussball oder Unihockey gespielt haben oder wenn es etwas zu essen gab. Aber wenn ein Konditions-Test angesagt war, ist er lieber zu Hause geblieben.»

Doch auf der Skipiste war der Kobold vom Roseggli jederzeit Friedlis grosser Reisser: «Feuz war für mich als Ski-Trainer ein reiner Segen. Wenn ich im Training ein schwieriges Tor gesteckt habe, musste ich nur Beat den Auftrag geben, um zu zeigen, wie man ein solches Hindernis meistert – er hat es der ganzen Gruppe perfekt vorgemacht.»

Einer der wenigen Emmentaler, die bei regionalen Rennen einigermassen mit dem jungen Feuz mithalten konnten, war Friedlis Sohn Martin. Als dieser den Sprung in ein Swiss-Ski-Kader verpasst hatte, schmiedete er einen Alternativ-Plan: «Ich wollte den Trainer-Kurs machen und Beat als Coach oder Servicemann im Weltcup betreuen.» Doch kurz nachdem «Tinu» den Trainerkurs 2006 erfolgreich bestanden hatte, schlug das Schicksal gnadenlos zu – der gelernte Metallbauer landete nach einem Autounfall im Rollstuhl.

Zwei Kämpfer: Beats Jugendtrainer Konrad Friedli (h.) mit seinem Sohn Martin.
Foto: Sven Thomann

Nach diesem grausamen Schlag demonstriert Martin ähnliche Kämpferqualitäten wie Beat Feuz. Er absolviert erfolgreich die Handelsschule und eine Zusatzlehre als Konstrukteur und wird bald die Betriebsleitung von seinem Vater übernehmen.

Bumbach, Schangnau
Christian Grossmann ist zwar am Brienzersee aufgewachsen, in den letzten vier Jahrzehnten aber am Fusse des Hogants zu einer Institution geworden – der «Grossmä Chrigu» ist seit seinem zwanzigsten Lebensjahr Lehrer im Primarschulhaus Bumbach-Schangnau. Nicht nur Beat, sondern bereits dessen Vater Hans haben sich von Grossmann bilden lassen. «Beat hat mich als Schüler stark an seinen Vater erinnert. Auch er war eher ein Zahlenmensch als ein Schriftsteller.»

Lehrer Grossmann: Bei ihm drückten Vater Hans und Beat die Schulbank – «als Zahlenmenschen».
Foto: Sven Thomann

Zusammenfassend bezeichnet Grossmann seinen prominentesten Bankdrücker als «durchschnittlichen Schüler, bei dem die Schule auch nicht den allerhöchsten Stellenwert eingenommen hat. Aber obwohl Beat wegen der zahlreichen Trainings am Freitag und Samstag sehr oft nicht in der Schule war, hat er den verpassten Stoff immer schön brav nachgeholt.»

Haus Bärgrueh, Schangnau
Hier ist Fabian Haas, Beats bester Freund, aufgewachsen. Der «Fäbu» ist der Sohn von Bruno Haas, 1976 Mitglied der ein­zigen Meistermannschaft des SC Langnau. Fabien ist zwei Jahre älter als Beat und ist mit ihm in der Jugendzeit nicht nur Ski gefahren oder dem Hockey-Puck hinterhergerannt: «Als Beat und ich die Töffli-Prüfung in der Tasche hatten, sind wir oft zu einem Jäger-Hüttli am Hogant gefahren, wo wir in aller Ruhe und im Versteckten unsere ersten Bierchen trinken konnten.»

In Siegerpose: Beat (M.) gewann ein Kinderrennen, Fabian Haas (r.) wurde Dritter.
Foto: Sven Thomann

Obwohl Feuz heute hauptsächlich in Innsbruck bei Freundin Katrin und in Haas im Bernbiet lebt, vergeht kaum ein Tag, an dem die beiden nicht im Kontakt stehen: «Beätu hat sich trotz seiner grossen Erfolge überhaupt nicht verändert, er ist ein sehr ­feiner Mensch.»

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