Den 17. April 2017 wird Andrea Ellenberger (25) nie vergessen. Der Tag war ein Wendepunkt in ihrem Leben. In einer 3,5-stündigen OP wurde ihr eine Bandscheibe im Rücken entfernt, dazu ein Wirbel versteift. Das Ski-Talent, einst auf Augenhöhe mit Michelle Gisin (24) und Wendy Holdener (25), war am Tiefpunkt.
«An meine Ski-Karriere dachte ich damals nicht. Ich wollte nur wieder ein normales Leben führen. Ohne ständige Schmerzen», erzählt Ellenberger. Ein Privatvideo dokumentiert ihren monatelangen Albtraum: Sie läuft zu Hause die Treppe hinunter. Schritt für Schritt. Die Hand am Geländer. Ihr Gesicht schmerzverzerrt. Irgendwann geht es trotz grösster Anstrengung nicht mehr, sie bricht auf der Treppe weinend zusammen.
Heute, 585 Tage später, steht Ellenberger vor ihrem zweiten Weltcup-Einsatz dieser Saison. Nachdem sie in Sölden als 42. den zweiten Durchgang verpasst hat, möchte sie in Killington (USA) genau das nachholen. «Ich kann nicht einfach drauflostrainieren, aber der Rücken ist stabil, die wichtigsten Einheiten schaffe ich», sagt sie zufrieden.
Die Technikerin aus Hergiswil NW ist mit sich im Reinen. «Ich habe in meiner Karriere eine zweite Chance erhalten. Und ich will sie nutzen.» Sie fing wieder von null an – und ohne Unterstützung von Swiss-Ski. «Logisch, ich konnte ja keine Resultate vorweisen. Wichtig war, dass meine Familie immer hinter mir stand.»
Ellenberger beeindruckte im Training
Ellenberger schliesst dabei ihren Freund Silvan Epp mit ein. «Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft», ist sie überzeugt. Dabei ging es nicht nur um die moralische Unterstützung. Denn: Epp ist auch ihr Kondi-Trainer. «Er ermöglicht es mir, trotz den körperlichen Einschränkungen den Weg zurückzuschaffen.»
Auch jetzt gehört Ellenberger keinem offiziellen Verbandskader an. Trotzdem darf sie im Weltcup ran, weil sie die Trainer im Training be eindruckte. Ehe es so weit war, finanzierte Ellenberger im Sommer ihr Trainingslager in Argentinien selbst. «Das kostete mich 20'000 Franken.» Es lohnte sich. Sie schaffte es bei 6 von 7 Rennen aufs Podest. Ein kleines Wunder – auch wenn die Konkurrenz selten hochklassig war.
Noch steht ihre Ski-Karriere auf wackligen Füssen. Nur wenn sie es in ein Swiss-Ski-Kader schafft, kann sie sich künftig finanziell über Wasser halten. Als Psychologiestudentin weiss sie mit dem Druck umzugehen: «Ich habe schon schwierigere Zeiten durchgemacht.»