BLICK: Lindsey Vonn, vor gut einer Woche stürzten Sie in Lake Louise (Ka) schwer. Wie geht es Ihnen?
Lindsey Vonn: Ich hatte wirklich grosse Schmerzen. Aber nun geht es mir besser. Mein Knie ist wegen des Sturzes noch immer etwas wund, aber ich freue mich auf die Super-Gs in St. Moritz.
Haben Sie auch blaue Flecken?
Oh, ja (schmunzelt)! Diese verschwinden nicht innerhalb von einer Woche.
Sie lagen in den Fangnetzen. Hatten Sie Angst vor einer erneuten, schweren Verletzung?
Es geschah alles so schnell. Aber ich war nicht allzu besorgt, denn die Schmerzen waren nicht extrem. Wissen Sie, ich bin schon so oft in meinem Leben gestürzt, dass ich gut abschätzen kann, ob ich mich schwer verletzt habe.
Sorgen dürften Ihnen dagegen die Brände in Los Angeles machen …
Ja, definitiv. Es ist verrückt, was dort gerade passiert. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen.
Ihr Haus liegt nur wenige Meilen vom Flammeninferno entfernt.
Genau. Auf dem Weg ins Fitnessstudio fahre ich jeweils genau da vorbei, wo es brennt.
Bei Ihnen daheim ist alles in Ordnung?
Ja, aber viele meiner Freunde fürchten sich. Sie sind sehr besorgt – natürlich auch um ihre Häuser. Ich habe Angst und hoffe, dass nichts passiert. Dazu kommt die Flora und Fauna, die komplett zerstört wird. Es ist tragisch.
Wenn Lebewesen zugrunde gehen, ist es das Schlimmste.
Genau. Ein Freund hat 30 Pferde auf seiner Ranch verloren, alle sind gestorben. Es ist unglaublich.
Kommen wir zu einem anderen Thema. Sie wollen in Lake Louise gegen Männer antreten. Aksel Svindal findet die Idee gut. Was bedeutet Ihnen das?
Ich liebe Aksel, er ist ein super Typ. Alle Norweger unterstützen mich, das bedeutet mir viel – denn sie sind Athleten und verstehen, wie ich ticke.
Aus «Lake Lindsey» wurde diesmal aber nichts. Sie stürzten zuerst, fuhren dann auf Platz 18 und schieden im dritten Rennen aus. Denken Sie weiterhin, dass sie den Männern Paroli bieten könnten?
Nicht jedes Rennen läuft so, wie man es sich vorstellt. Jeder macht Fehler. Manchmal klappt es und manchmal halt nicht. Ich habe in Lake Louise auch schon Rennen mit zwei Sekunden Vorsprung gewonnen. Nach dem Sturz war es schwierig – da fehlte das Selbstvertrauen.
US-Präsident Trump schlägt heftige Kritik entgegen. Würden sie nach Olympia einer Einladung ins Weisse Haus folgen?
Ganz sicher nicht, nein. Um eingeladen zu werden, muss ich ja gewinnen. Nein, ich glaube, dass sowieso alle eingeladen würden. Ich gehe also nicht hin.
Warum nicht?
Ich werde in Pyeongchang die Menschen in den USA repräsentieren, nicht den Präsidenten. Ich nehme die Olympischen Spiele, ihre Bedeutung und ihre Rolle sehr ernst. Auch, was es bedeutet, unter der US-Flagge bei der Eröffnungszeremonie zu laufen. Ich möchte, dass unser Land gut repräsentiert wird und ich glaube nicht, dass es aktuell viele Menschen in unserer Regierung gibt, die das tun.
Wie denken Sie über die Entscheidung des IOC im Fall Russland?
Ich meine, dass, auch wenn nur ein Bruchteil davon wahr ist, das IOC die richtige Entscheidung getroffen hat. Sicherlich besteht die Möglichkeit, dass Athleten sauber sind, und diese können nun unter neutraler Flagge teilnehmen, was ich als gute Lösung empfinde. Aber Doping und die Machenschaften Russlands sind nicht akzeptabel und das muss klargemacht werden.
Warum lassen sich Athleten auf sowas ein?
Manche Menschen würden alles tun, um Medaillen zu gewinnen und für ihr Land Gold zu holen. Es gibt Gründe für die Regeln und manche wollen sie einfach nicht beachten.
Für viele sind sie nach wie vor ein Idol. Auch für Corinne Suter. Sie erzählt, dass sie fast ohnmächtig wurde, als sie Ihnen erstmals begegnete …
Das wusste ich nicht (lacht)! Es gibt so viele tolle Mädchen im Weltcup. Wenn Corinne so etwas sagt, ist das ist wirklich cool. Der Respekt ist das Wichtigste. Ich respektiere alle – und die meisten respektieren mich.
Wie sehen Sie die Rückkehr von Lara Gut nach deren Kreuzbandriss?
Es ist toll, wie sie das macht. Beim Super-G von Lake Louise wurde sie ja bereits wieder Zweite – das sagt alles. Lara fährt stark und baut immer mehr Selbstvertrauen auf. Bislang ist das ein tolles Comeback!
Lindsey Caroline Kildow wuchs in Saint Paul im US-Bundesstaat Minnesota auf. Ein Ski-Trainer bei den Junioren nannte sie einst «Schildkröte». Wie er sich doch täuschen sollte! Nach der Heirat mit Ex-Ski-Fahrer Thomas Vonn im Jahr 2007 wurde Lindsey zur schnellsten Frau der Welt, sie sammelte 77 Weltcupsiege (Rekord bei den Frauen). 2013 liess sich Vonn scheiden, sie behielt aber den Nachnamen. Danach war sie z wei Jahre mit Golf-Star Tiger Woods liiert, später mit Ex-Footballer Kenan Smith. Seit einigen Monaten ist sie wieder Single. Von vielen schweren Verletzungen geplagt, hat Vonn noch drei grosse Ziele in ihrer Karriere. Erstens: Eine Olympia-Goldmedaille in Pyeongchang. Zweitens: Den legendären Ingemar Stenmark (86 Weltcupsiege) einholen. Und drittens: Sie möchte in Lake Louise, wo sie schon 18 Rennen gewann, in einem Rennen gegen Männer antreten. Die FIS wird im Frühling darüber entscheiden.