Zwölf Monate nach seinem Triumph bei der Weltcup-Abfahrt im norwegischen Kvitfjell freut sich Niels Hintermann über den wichtigsten Erfolg seines Lebens. Der 29-Jährige hat den Lymphdrüsenkrebs besiegt!
«Am letzten Dienstag wurde ich im Spital ‹durchgescannt›, am Donnerstag um exakt 14 Uhr habe ich dann vom Arzt die Nachricht erhalten, dass es in meinem Körper keine aktiven Krebszellen mehr gibt», erzählt der Zürcher. Unmittelbar nach dieser erfreulichen Diagnose ist der Abfahrts-Spezialist nach Crans-Montana gefahren, um endlich wieder das zu tun, was während der Chemo-Therapie nicht möglich war – Skifahren. «Ich habe am Freitagmorgen die Rennpiste besichtigt, was für mich traumhaft schön war. Diese Streckenbesichtigung hat mir so viel Lust gemacht, dass ich mir für einen Moment überlegt habe, hier als Vorfahrer in der Abfahrt an den Start zu gehen.»
Der Sieger von drei Weltcuprennen ist aber relativ schnell zur Erkenntnis gekommen, dass dies keine gute Idee ist. «Meine Kondition ist derzeit viel zu schlecht. Nachdem ich hier neun oder zehn zügige Kurven gefahren bin, hatte ich das Gefühl, dass ich gleich ein ‹Herzchriesi› bekomme. Die Chemo-Therapie und die Bestrahlung haben halt ihre Spuren hinterlassen.»
«Ich wusste nicht, wie ich es von meinem Bett auf die Couch schaffe»
Die schlimmste Phase erlebte Hintermann in seinem brutalen Fight gegen den Krebs in der zweiten Novemberhälfte. «Ich bin ein paarmal am Morgen aufgewacht, und mir war einfach nur schlecht. Es hat ein, zwei Tage gegeben, an denen ich derart schwach war, dass ich nicht gewusst habe, wie ich es zu Hause von meinem Bett auf die Couch schaffe.»
Im selben Atemzug betont der 100-Kilo-Mann, «dass andere Krebspatienten viel mehr leiden müssen, als ich das getan habe». Und mittlerweile geht es Hintermann wieder so gut, dass er das Aufbautraining langsam aber sicher intensivieren kann. «Es ist mein Ziel, dass ich im August mit den Abfahrts-Ski auf den Gletscher zurückkehren kann.»
Österreichs berühmtester Ski-Experte Hans Knauss (54, Kitzbühelsieger 1999) wäre nicht überrascht, wenn Hintermann in zwei Jahren bei der WM in Crans-Montana den absoluten Höhepunkt seiner Karriere erleben würde. «Diese Abfahrt ist wie gemacht für den Niels. Er beherrscht das feine Gleiten über diese tückischen Wellen wie kaum ein anderer. Hintermann könnten auf dieser Piste Gold gewinnen.» Das wäre dann die hollywoodreife Schlusspointe in einem echten Sportlerdrama.