«Ich schulde dem Lauberhorn anderthalb Millionen!»
4:05
Vor dem Bundeshaus:Lauberhorn-Boss Urs Näpflin im grossen Interview

OK-Chef Urs Näpflin zum Lauberhorn-Zoff
«Wenn Swiss-Ski nicht einlenkt, gibts keine Lösung»

Zwischen Urs Lehmann von Swiss-Ski und Lauberhorn-OK-Präsident Urs Näpflin kommt es heute im Bundeshaus zum Gipfeltreffen mit Sportministerin Viola Amherd.
Publiziert: 28.05.2020 um 01:42 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2020 um 11:58 Uhr
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Urs Näpflin vor dem Haus der Hoffnung. Im Bundeshaus kommt es zum Gipfeltreffen mit...
Foto: TOTO MARTI
Interview: Sebastian Rieder

«Sturm am Lauberhorn», titelte der SonntagsBlick. Wie sehr hat Sie das getroffen?Urs Näpflin: Es ist natürlich ein Sturm, doch wir sind alle ein wenig überrascht von der Heftigkeit. Aber wir sind uns im Berner Oberland grössere Stürme gewöhnt – wir halten ja auch den Guggiföhn aus.

Es gab aber auch kritische Passagen zu Ihrer Person.
Es gibt natürlich schönere Momente, als am Sonntagmorgen im SonntagsBlick durch den Dreck gezogen zu werden. Schade, dass es auf diese Ebene kommen musste. Aber ich kann damit umgehen.

Sind Sie bei dieser Eskalation nicht auch selber schuld?
Ja, klar. Ich war stinksauer, als uns Swiss Ski vergangene Woche aus dem Rennkalender gestrichen hat. Und wenn man austeilt, muss man auch einstecken können.

Wie kams zu dieser Eskalation?
Nach der Saison 2016/17 gab es einen neuen TV-Vertrag mit der SRG für die nationalen Rechte und mit der EBU international. Durch diesen neuen Kontrakt kam sehr viel mehr Geld ins System. Wir haben einen jährlichen FIS-Vertrag über die Durchführung der Lauberhornrennen. Darin steht, dass sämtliche Einnahmen aus dem Anlass – und dazu gehören auch explizit die TV-Gelder – gemäss einer internen Vereinbarung in die Veranstaltung fliessen müssen.

Warum ist das nicht passiert?
Wir haben uns einfach nicht gefunden. Wir sind davon ausgegangen, dass wenn der Kuchen grösser wird, wir dann auch ein grösseres Stück davon abbekommen. Swiss Ski ist aber nicht von seiner Position abgerückt.

Ein klassischer Interessenkonflikt.
Ja, natürlich. Swiss Ski wollte das Geld für sich, wir wollten einen Teil davon abbekommen. Weil wir keine Lösung gefunden haben, sind wir zum CAS, dem Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne.

Der erste Schritt zur Eskalation.
Das ist ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Bei finanziellen Streitigkeiten hat man die Möglichkeit, das CAS zur Hilfe zu ziehen. Swiss Ski hat sich aber stets verweigert und die Zahlen nicht offengelegt. Sie haben Termine nicht eingehalten und die Kostenvorschüsse nicht einbezahlt. Stattdessen lamentierte der Verband, dass sie vor Gericht gezerrt werden.

So kann man es auch sehen.
Nein, wir wollten einfach eine Klärung der Situation. Jetzt ist der Zwischenentscheid des CAS da.

Aber nicht öffentlich.
Nein, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Das CAS hat uns jetzt den Auftrag gegeben, eine Lösung zu finden – eine sogenannte Verhandlungspflicht. Ich kann insofern verraten, dass wir als Veranstalter bei der Vermarktung flexibel sein müssen – und zum Beispiel einen Torbogen über dem Hundschopf platzieren.

Da blieben Sie lange stur.
Ja, weil wir da andere Werte haben. Es geht um Tradition und Sport-Romantik. Der Hundschopf ist so eine dominante Schlüsselstelle. Diese markante Position zwischen Netz und Felsen ist weltweit einzigartig. Und so ein Torbogen verändert das ganze Bild nachhaltig.

Wäre es somit auch denkbar, dass der Silberhorn-Sprung plötzlich Rivella- oder Red-Bull-Sprung heisst?
Da sind wir entspannt. Da kann Swiss Ski alles machen. Bei der TV-Vermarktung sind sie frei. Da können sie machen, was sie wollen. Sie können auch Bandenrollen aufstellen. Oder ganz modern mit LED-Screens. Es gibt einfach gewisse Vorgaben von der FIS. Wir wollten einfach nicht den Hundschopf mit Werbung zupflastern.

Jetzt wird das aber so passieren.
Ja, aber das ist für uns nicht dramatisch. Es ist schade für die Natur. Schade wegen der Tradition und die Werte, für die wir uns einsetzen. Aber ich habe Verständnis dafür, dass Swiss Ski sich kommerziell besser verkaufen will. Da sind wir uns jetzt einig.

Streitpunkt ist also der TV-Topf?
Ja, das ist der zentrale Punkt. Dieses Geld gehört zum Verteilschlüssel. Das Argument von Swiss Ski war bislang, dass diese Zuschüsse ihnen gehören und nicht angefasst werden. Und dieses Argument sticht jetzt nicht mehr.

Aber es gibt einen Drei-Punkte-Plan, der über die Vermarktung hinausgeht. Auch die öffentliche Hand und Swiss Ski selber sollen sich stärker engagieren.
Es ist richtig, dass Swiss Ski die öffentliche Hand mehr mit einbeziehen soll. Der Kanton Bern war im Vergleich mit Graubünden oder dem Wallis relativ zurückhaltend. Urs Lehman hat es richtig gesagt: Der Kanton Bern muss sich stärker engagieren. Aber zuerst geht es um die Fernsehgelder und dann erst den Steuerzahler. Sonst ist der Drei-Punkte-Plan nicht realistisch.

TV-Geld wir darin nicht erwähnt.
Ich bin erstaunt, dass Urs Lehmann nicht über die TV-Gelder redet. Das ist für mich der zentrale Punkt, seit drei Jahren streiten wir darum. So ist die Geschichte eskaliert. Es geht nicht nur um uns. Es betrifft alle Veranstalter in der Schweiz.

Da muss Swiss Ski nun einlenken.
Ja, sonst gibt es leider keine Lösung. Wir haben jetzt drei Jahre um die Fernsehgelder gekämpft – und das CAS hat uns im Zwischenurteil schon recht gegeben.

Es geht um eine Million Franken.
Wir haben eine Expertise machen lassen, aber so viel muss es nicht sein. Doch es braucht ein Eingeständnis und Entgegenkommen. Sonst geht es nicht.

Zumal Swiss Ski für den Anlass keine direkte Leistung erbringt.
Ja, sie kommen einfach ans Rennen und packen dann wieder zusammen – und wir sehen sie ein Jahr nicht mehr. Sie haben keinen Aufwand und kein Risiko. Klar haben sie ihre Athleten, die sie delegieren. Und die sind natürlich ein Teil des Anlasses.

Ist der Weltcup in Kitzbühel ein Vorbild?
Kitzbühel hat die Fernsehrechte bei sich und generiert dadurch 45 Prozent der Einnahmen. Aber wir wollen ja nicht die ganzen Fernsehgelder, sondern einfach eine gerechtere Aufteilung. Ich hoffe, wir finden nun eine Lösung.

Es gibt den Makel, dass der VIP-Bereich am Lauberhorn defizitär sein soll.
Das stimmt nicht. Das ist eine Unwahrheit von Urs Lehmann. Wir können die Zahlen belegen. Wir selber generieren aus dem ganzen Anlass Einnahmen von 6,5 Millionen Franken, um unsere Kosten zu decken. 2007 waren es noch zwei Millionen weniger. Heute ist das Gesamtbudget 8,7 Millionen Franken. Unsere eigene Wertschöpfung hat sich also mehr als verdoppelt. Der Beitrag von Swiss Ski ist in dieser Zeit lediglich von 1,7 auf 2,2 Millionen Franken gewachsen.

Nun wird das Bundeshaus beim Treffen mit Sportministerin Viola Amherd zum Haus der Hoffnung.
Ja, es braucht jetzt eine Einigung. Wir müssen die Büchse der Pandora wieder schliessen, damit wir Ruhe haben und endlich wieder arbeiten können.

Wie stark geht es zwischen Urs Lehmann und Ihnen auch um Eitelkeit?
Es geht um Herzblut. Und da kommen halt Emotionen ins Spiel. Das gehört zum Leben. Sonst könnten wir uns gleich vergraben. Urs Lehmann ist ein Kämpfer. Er führt den Verband hervorragend. Und ich habe einfach sehr viel Herzblut fürs Lauberhornrennen.

Wann haben Sie zuletzt mit Urs Lehmann gelacht?
Das ist schon eine ganze Weile her. Ich hoffe, nach dem Treffen im Bundeshaus können wir zusammen lachen.

Endet heute der Lauberhorn-Zoff?

Heute soll der Zoff zwischen Swiss Ski und den Lauberhorn-Rennen beendet werden. Seit 2016 das Wengener OK mehr Geld forderte vom nationalen Ski-Verband, dauert der Streit an. Erst recht, nachdem OK-Chef Urs Näpflin Swiss Ski 2018 vor den Internationalen Sportgerichtshof zerrte.

Die nächste Eskalationsstufe wurde letzte Woche erreicht, als Swiss Ski Wengen für 2022 aus dem provisorischen Weltcup-Kalender streichen liess. Dieser Antrag wurde nach einer ersten Annäherung zwar wieder zurückgezogen, beigelegt ist der Zoff damit aber noch nicht.

Heute Morgen treffen sich die Streithähne Näpflin und Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann mit ihren Anwälten in Bern für Vorgespräche. Ab 16 Uhr soll dann zusammen mit Sportministerin Viola Amherd und Vertretern vom Kanton Bern ein Schlussstrich unter die Affäre gezogen werden.

Heute soll der Zoff zwischen Swiss Ski und den Lauberhorn-Rennen beendet werden. Seit 2016 das Wengener OK mehr Geld forderte vom nationalen Ski-Verband, dauert der Streit an. Erst recht, nachdem OK-Chef Urs Näpflin Swiss Ski 2018 vor den Internationalen Sportgerichtshof zerrte.

Die nächste Eskalationsstufe wurde letzte Woche erreicht, als Swiss Ski Wengen für 2022 aus dem provisorischen Weltcup-Kalender streichen liess. Dieser Antrag wurde nach einer ersten Annäherung zwar wieder zurückgezogen, beigelegt ist der Zoff damit aber noch nicht.

Heute Morgen treffen sich die Streithähne Näpflin und Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann mit ihren Anwälten in Bern für Vorgespräche. Ab 16 Uhr soll dann zusammen mit Sportministerin Viola Amherd und Vertretern vom Kanton Bern ein Schlussstrich unter die Affäre gezogen werden.

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