Lehmann will Boss des Wintersports werden
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«Ich kandidiere als FIS-Präsi»:Lehmann will Boss des Wintersports werden

Urs Lehmann will FIS-Boss werden
«So bringe ich den Skisport voran»

Urs Lehmann legt die Karten auf den Tisch. Er will Nachfolger von Gian Franco Kasper werden und kandidiert als Präsident der FIS. Und er hat klare Vorstellungen.
Publiziert: 08.04.2020 um 00:27 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2020 um 08:33 Uhr
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Ein Macher: Weltmeister, Verbands-Boss und Unternehmer – Urs Lehmann fühlt sich in Führungspositionen sichtlich wohl.
Foto: keystone-sda.ch
Felix Bingesser

BLICK: Urs Lehmann, der Kongress der FIS ist mal bis mindestens in den Herbst verschoben. Warum machen Sie Ihre Kandidatur jetzt schon publik?
Urs Lehmann: Die Gerüchte gibt es ja schon länger, und der Druck wurde immer grösser. Nun müssen die Karten auf den Tisch.

Warum sind Sie der richtige Mann für diesen Job?
Es ist immer schwierig, über seine eigene Qualifikation zu reden. Wichtig scheint mir, dass ich seit frühester Jugend eine grosse und ungebrochene Leidenschaft für den Wintersport habe. Ich war Athlet und habe als Präsident von Swiss Ski in den letzten Jahren auch einiges bewegen können. Und es ist sicher kein Nachteil, wenn man selber auch erfolgreich in der Privatwirtschaft engagiert war.

Head-Boss Johan Eliasch hat seine Kandidatur schon bekannt gegeben. Werden da noch weitere dazukommen?
Ich gehe davon aus, ja. Aber ich will mich da nicht auf Spekulationen und politische Ränkespiele einlassen. Ich muss mit einem griffigen und kompetenten Plan und meiner Persönlichkeit die Delegierten überzeugen.

Eliasch würde es gratis machen und auf sein Salär von mindestens 500'000 Franken verzichten. Sie auch?
Ich habe das zur Kenntnis genommen. Man kennt den finanziellen Hintergrund von Eliasch. Ich kann es mir nicht erlauben, gratis zu arbeiten. Und denke auch nicht, dass dies ein entscheidendes Argument sein kann.

Die Schweiz stellt seit 68 Jahren den weltweit höchsten Wintersportler. Müsste da nicht einmal eine andere Nation zum Zuge kommen?
Auch da argumentiere ich wie bei der Entschädigung. Die Nationalität darf doch keine Rolle spielen. Es sollte die beste und qualifizierteste Person gewählt werden. Jemand, der die Kraft und die Ideen hat, den Wintersport einen Schritt vorwärts zu bringen.

Diplomatisch formuliert: Gian Franco Kasper soll nicht zu Ihren grössten Fürsprechern gehören. Schmälert das Ihre Chancen?
Ich habe Gian Franco in einem persönlichen Telefongespräch über meine Absichten informiert. Und ich gehe davon aus, dass er sich in dieser Sache neutral verhält. Und ich bin überzeugt, dass ich eine reelle Wahlchance habe. Sonst würde ich gar nicht antreten.

Wie sieht denn Ihr Programm aus?
Vieles läuft ja bereits gut. Und trotzdem gibt es grosses Entwicklungspotenzial. Ich habe dazu ein Leitbild und eine Vision mit vier Säulen erarbeitet. Ein geeinter Verband ist ein wichtiger Punkt. Die Verbesserung der Strukturen und die Aufwertung des Wintersports ebenfalls. Und ich bin überzeugt, dass es im kommerziellen Bereich und in der Vermarktung Potenzial gibt.

Gibt es hier konkrete Ansätze?
Wir müssen über vieles diskutieren. Wir müssen Rennen haben, die einen Spannungsbogen über 60 bis 90 Minuten garantieren. Da darf nach 10 Minuten die Entscheidung nicht gefallen sein. Wir brauchen attraktivere Formate, als es zum Beispiel bei den Alpinen der Parallel-Riesenslalom ist. Rennen am Nachmittag um 14 Uhr machen keinen Sinn. Wir müssen die Digitalisierung vorantreiben und E-Sports-Elemente in unseren Konzepten haben. Und wir müssen neue Märkte erschliessen und die Vermarktung optimieren.

Neue Märkte erschliessen wollen alle. Wo sehen Sie diese Märkte?
Vor allem in Asien. Wir brauchen mit allen Wintersportarten jedes Jahr eine Asien-Tournee. China hat derzeit fünf Millionen Wintersportler. Aber ein Potenzial von 300 Millionen Wintersportlern. Es gibt in allen Bereichen viel Potenzial. Und ich bin überzeugt, dass wir mit der FIS in vielen Bereichen noch einen grossen Schritt vorwärts machen können.

Und wenn Sie nicht gewählt werden?
Dann bleibe ich mit grosser Freude und Begeisterung noch einige Jahre Präsident von Swiss Ski. Sollte mir die Wahl gelingen, dann hätten wir bei Swiss Ski mit Peter Barandun schon einen idealen Nachfolgekandidaten.

Die möglichen Kandidaten und ihre Chancen

Urs Lehmann (50, Schweiz): Seit 2008 ist der Abfahrts-Weltmeister von 1993 in Morioka (Jpn) Präsident von Swiss Ski. Der erfolgreiche Unternehmer (Lehmann ist CEO des Arzneimittelherstellers Similasan) gilt als Workaholic. Und hat den Schweizer Skiverband vorwärts gebracht – auch finanziell. Mit dem Sieg im Nationenklassement im Ski-Weltcup schuf sich Lehmann zuletzt ein kleines Denkmal. Ein perfekter Abschluss bei Swiss Ski? Lehmann gilt als innovativ, er würde der verstaubten FIS neues Leben einhauchen. Und er hat die Unterstützung von ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel. Das Problem: Als Ex-Athlet hat Lehmann einen ganz anderen Werdegang als Kasper und durch die Gründung des Europäischen Verbandes 2009 hat er sich mit Kasper verkracht. Diese «Jugendsünde» könnte ihm teuer zu stehen kommen. Prognose: Gute Chancen.

Sarah Lewis (55, England): Die aktuelle FIS-Generalsekretären war Skirennfahrerin und nahm 1988 an den Olympischen Spielen in Calgary teil. Die grosse Arbeiterin ist seit 1994 bei der FIS und kennt die Leute um sie herum bestens – ein Vorteil. Dennoch ist es fraglich, ob die perfekt Deutsch sprechende Lewis die nötigen Reformationen konsequent angehen würde. Sie wäre die erste FIS-Präsidentin überhaupt. Prognose: Geringe Chancen.

Linie Mats Arjes (43, Schweden): Er sitzt seit 2010 im FIS-Vorstand und stieg dort Vize-Präsidenten auf. Der ehemalige Ski-Junior, der es nie an die Weltspitze geschafft hat, hat also eine grosse Lobby. Arjes war bis vor einem Jahr Präsident und CEO von Skistar, einem grossen schwedischen Wintersport-Unternehmen. Er trat zurück – auch, um sich als Präsident des Schwedischen Olympischen Komitees stärker für die Olympiakandidatur 2026 einzusetzen. Prognose: Gute Chancen.

Flavio Roda (72, Italien): Als Roda 2012 Präsident vom italienischen Wintersportverband FISI wurde, stand er vor einem riesigen Scherbenhaufen. Sein Vorgänger Gianni Morzenti musste in den Knast, weil er Schmiergelder kassierte. Der Verband war praktisch Pleite. Doch Roda, der sich in den 80er-Jahren im Alpin Zirkus als Trainer von Alberto Tomba auszeichnen konnte, hat die FISI in kürzer Zeit saniert. Rodas grosser Nachteil bei der Kandidatur für das höchste Amt im Ski-Weltverband: Sein englisches Wortschatz reduziert sich auf «Yes» und «No». Prognose: Geringe Chancen.

Johan Eliasch (58, England): Der in Stockholm geborene Businessman hat eine halbe Milliarde auf dem Konto. Er ist der Chef von Head, der erfolgreichsten Ski-Marke im Rennsport, bietet an, den Job gratis zu machen. Eliasch gilt als Öko-Freak. Prognose: Geringe Chancen.

Urs Lehmann (50, Schweiz): Seit 2008 ist der Abfahrts-Weltmeister von 1993 in Morioka (Jpn) Präsident von Swiss Ski. Der erfolgreiche Unternehmer (Lehmann ist CEO des Arzneimittelherstellers Similasan) gilt als Workaholic. Und hat den Schweizer Skiverband vorwärts gebracht – auch finanziell. Mit dem Sieg im Nationenklassement im Ski-Weltcup schuf sich Lehmann zuletzt ein kleines Denkmal. Ein perfekter Abschluss bei Swiss Ski? Lehmann gilt als innovativ, er würde der verstaubten FIS neues Leben einhauchen. Und er hat die Unterstützung von ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel. Das Problem: Als Ex-Athlet hat Lehmann einen ganz anderen Werdegang als Kasper und durch die Gründung des Europäischen Verbandes 2009 hat er sich mit Kasper verkracht. Diese «Jugendsünde» könnte ihm teuer zu stehen kommen. Prognose: Gute Chancen.

Sarah Lewis (55, England): Die aktuelle FIS-Generalsekretären war Skirennfahrerin und nahm 1988 an den Olympischen Spielen in Calgary teil. Die grosse Arbeiterin ist seit 1994 bei der FIS und kennt die Leute um sie herum bestens – ein Vorteil. Dennoch ist es fraglich, ob die perfekt Deutsch sprechende Lewis die nötigen Reformationen konsequent angehen würde. Sie wäre die erste FIS-Präsidentin überhaupt. Prognose: Geringe Chancen.

Linie Mats Arjes (43, Schweden): Er sitzt seit 2010 im FIS-Vorstand und stieg dort Vize-Präsidenten auf. Der ehemalige Ski-Junior, der es nie an die Weltspitze geschafft hat, hat also eine grosse Lobby. Arjes war bis vor einem Jahr Präsident und CEO von Skistar, einem grossen schwedischen Wintersport-Unternehmen. Er trat zurück – auch, um sich als Präsident des Schwedischen Olympischen Komitees stärker für die Olympiakandidatur 2026 einzusetzen. Prognose: Gute Chancen.

Flavio Roda (72, Italien): Als Roda 2012 Präsident vom italienischen Wintersportverband FISI wurde, stand er vor einem riesigen Scherbenhaufen. Sein Vorgänger Gianni Morzenti musste in den Knast, weil er Schmiergelder kassierte. Der Verband war praktisch Pleite. Doch Roda, der sich in den 80er-Jahren im Alpin Zirkus als Trainer von Alberto Tomba auszeichnen konnte, hat die FISI in kürzer Zeit saniert. Rodas grosser Nachteil bei der Kandidatur für das höchste Amt im Ski-Weltverband: Sein englisches Wortschatz reduziert sich auf «Yes» und «No». Prognose: Geringe Chancen.

Johan Eliasch (58, England): Der in Stockholm geborene Businessman hat eine halbe Milliarde auf dem Konto. Er ist der Chef von Head, der erfolgreichsten Ski-Marke im Rennsport, bietet an, den Job gratis zu machen. Eliasch gilt als Öko-Freak. Prognose: Geringe Chancen.

So läuft die Wahl

Eigentlich hätte der FIS-Kongress am 23. Mai im thailändischen Pattaya stattfinden sollen. Nach der Absage wegen der Corona-Krise könnte sie im Rahmen des FIS-Kongresses im Herbst in Zürich nachgeholt werden. Wahlberechtigt sind 132 nationale Verbände. Die grossen Nationen erhalten drei Stimmen, die kleinen nur eine. Für die Wahl des Präsidenten ist die absolute Mehrheit erforderlich. Erzielt kein Kandidat diese im ersten Wahlgang, scheidet der Kandidat mit den wenigsten Stimmen für den zweiten Wahlgang aus. Dieses Verfahren wird wiederholt, bis ein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht. (mag)

Eigentlich hätte der FIS-Kongress am 23. Mai im thailändischen Pattaya stattfinden sollen. Nach der Absage wegen der Corona-Krise könnte sie im Rahmen des FIS-Kongresses im Herbst in Zürich nachgeholt werden. Wahlberechtigt sind 132 nationale Verbände. Die grossen Nationen erhalten drei Stimmen, die kleinen nur eine. Für die Wahl des Präsidenten ist die absolute Mehrheit erforderlich. Erzielt kein Kandidat diese im ersten Wahlgang, scheidet der Kandidat mit den wenigsten Stimmen für den zweiten Wahlgang aus. Dieses Verfahren wird wiederholt, bis ein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht. (mag)

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