Der Werdegang von Livio Simonet (25) beinhaltet eine herminatorische Komponente. Genau wie einst Österreichs Superstar Hermann Maier wurde auch der drei Jahre jüngere Bruder von Slalom-Spezialist Sandro Simonet (war 2021 3. beim Weltcup-Slalom in Chamonix) von den höchsten Alpin-Funktionären des Landes aussortiert.
Zweiter Anlauf statt Studium
Es war im Frühling 2020, als der Sohn eines Bus-Chauffeurs aus Tiefencastel aufgrund von mässigen Europacup-Leistungen aus dem C-Kader von Swiss Ski gestrichen wurde. «In diesem Moment war ich mir eigentlich sicher, dass ich meine Ski-Karriere beende. Ich wollte stattdessen mit einem Ingenieur-Studium anfangen», erzählt Simonet.
Aber weil er zuerst die Rekrutenschule als Motorfahrer absolvieren musste, hätte er mit dem Studium erst 2021 beginnen können. «Deshalb habe ich mich dann irgendwann dafür entschieden, dass ich es nach der RS doch noch einmal als Skirennfahrer versuche.» Diese Entscheidung hat sich in der Zwischenzeit als absolut grandios entpuppt.
Erster Weltcupsieg wurde teuer
Im Dezember hat Simonet im Europacup in Zinal zwei Siege innerhalb von 24 Stunden eingefahren. Und bei drei von vier Weltcup-Riesenslaloms (25. in Sölden, 19. in Val-d’Isère und 22. in Alta Badia) klassierte sich Livio in diesem Winter den Punkterängen. Den grössten Erfolg feierte Simonet aber im letzten März zusammen mit seinem Bündner Kumpel Fadri Janutin mit dem Sieg im Teamwettbewerb anlässlich des Weltcupfinals in Courchevel-Méribel.
«Diesen Tag werden wir beide nie vergessen. Auch wegen der legendären Siegesparty» verrät Janutin. Diese Party sei aber auch legendär teuer gewesen, erinnert sich Fadri. «Wir haben in einem Lokal gefeiert, in dem ein Bier 12 Euro gekostet hat. Zum Glück haben wir für den Sieg im Teamwettbewerb 12'000 Stutz pro Person erhalten. Und weil Livio eine Extraprämie für den schnellsten Lauf des Tages erhalten hat, hat er dann auch die teuerste Runde des Abends bezahlt.»
Auf und neben der Piste unzertrennlich
Janutin und Simonet lassen es schon seit einer Kleinigkeit zusammen krachen. «Wir waren Teenager, als wir uns erstmals bei einem JO-Rennen in Graubünden über den Weg gelaufen sind» erinnert sich Livio. Seitdem sind die beiden schier unzertrennlich.
Im Sommer besuchen sie zusammen Festivals, im Ski-Zirkus teilen sich die beiden Technik-Spezialisten meistens ein Zimmer. «Egal bei welchem Thema - wir sind fast immer einer Meinung» betont Janutin, der sich im letzten Winter mit dem zweiten Rang in der Riesenslalom-Europacup-Gesamtwertung einen fixen Platz für diese Weltcup-Saison erkämpft.
Heimrennen als Höhepunkt
Das heisst aber nicht, dass in der Bündner Ski-WG immer ein kuscheliges Ambiente herrscht. «Livio ist ein besonders ehrlicher Mensch. Er sagt es mir schonungslos ins Gesicht, wenn ich seiner Meinung nach Scheisse gebaut habe.» Bezüglich der Leistungen im Riesenslalom hat aber auch Janutin im laufenden Winter mehr Lob als «Zusammenschiss» verdient.
Der Slalom-Vize-Juniorenweltmeister von 2021 fuhr in Val-d’Isère bei seinem fünften Weltcup-Einsatz zum zweiten Mal in die Top-20 und war als 17. zwei Zehntel schneller als Simonet. Und jetzt sind die beiden richtig heiss auf ihre Premiere beim Riesen-Kracher in Adelboden.