Stalldrang hatte Beat Feuz nie. Auch wenn er auf einem Bauernhof im Bumbach bei Schangnau im Emmental aufgewachsen ist. Die landwirtschaftliche Arbeit hat dem Buben, der in der Zwischenzeit fünf Weltcupsiege realisiert hat, immer gestunken. Freiwillig hat er seinem Vater Hans bei der Arbeit mit den Kühen nie unter die Arme gegriffen.
Mutter Hedi kann trotz Beats spärlichen Auftritten im Kuhstall einige «schmutzige» Geschichten erzählen: «In Beats Kindheit ist kaum ein Tag vergangen, an dem er nicht komplett verdreckt nach Hause gekommen ist.»
Es ist der Bubentraum vom Indianerleben, der auch im Hause Feuz einst hartnäckige Spuren hinterliess. Der «Kugelblitz» erinnert sich: «Ich war vor allem wegen den Winnetou-Streifen ein totaler Indianer-Fan und habe mit Kindern aus meiner Nachbarschaft oft tagelang im Wald die Szenen aus dem Film nachgespielt. Dabei sind wir natürlich auch richtig dreckig geworden.»
Dass Beat heute auch als gestandener Skistar vor der WM in Vail/Beaver Creek seinen «American Dream» träumen darf, war vor 20 Jahren alles andere als selbstverständlich. Der kleine Emmentaler hatte damals bei den übermächtig anmutenden Berner Oberländern einen ähnlich schweren Stand wie die Indianer im Kampf mit den Siedlern in Nordamerika.
Hedi Feuz spricht Klartext: «Im Emmental haben wir im Vergleich zum Berner Oberland nur ein kleines Skigebiet, darum war Beat der einzige Junior aus dem Hogant-Gebiet, der bei überregionalen Rennen gestartet ist. Und gewisse Oberländer liessen uns anfänglich deutlich spüren, dass sie bei ihren Rennen keinen Emmentaler haben wollen.»
Vater Hans liefert ein Beispiel: «Beat war zwölf, als wir ihn für ein Nachwuchs-Punkterennen im Berner Oberland anmelden wollte. Doch der Veranstalter schüttelte den Kopf: ‹Am Rennen kann ich deinen Sohn nicht starten lassen, im Teilnehmerfeld gibt es genug Oberländer. Aber wenn er will, kann er als Vorfahrer antreten.›»
Aber weil ein richtiger Indianer eben keine Schmerzen kennt, konnten solche «Fouls» von Berner Oberländer Funktionären die Karriere vom «Alpin-Winnetou» ebenso wenig stoppen wie der Infekt, der sich im Oktober 2012 in seinem rechten Knie ausbreitete.
Beats Erfolgsgeheimnis
Ausgerechnet in Beaver Creek hat sich Feuz vor sieben Wochen bei der WM-Hauptprobe mit dem zweiten Abfahrtsrang an der Weltspitze zurückgemeldet. Dass die «Birds of Prey» dem 27-Jährigen besonders gut liegt, belegen aber auch die Resultate aus den Jahren zuvor. 2011 gelang ihm hier in 24 Stunden zweimal der Sprung aufs Podest (Rang 2 in der Abfahrt, Platz 3 im Super-G). Im Dezember 2013 fuhr er mit dem 6. Rang in der Abfahrt seinen ersten Top-Ten-Rang nach der einjährigen Verletzungspause ein.
«Die Bedingungen in Colorado kommen meinem Fahrstil sehr entgegen, denn auf diesem aggressiven Schnee ist eine besonders exakte Fahrweise gefragt», lüftet Beat sein amerikanisches Erfolgsgeheimnis. Und weil sein Selbstvertrauen seit dem 2. Rang bei der Lauberhorn-Abfahrt noch grösser ist als im Dezember, könnte der American Dream unseres Ski-Indianers in den nächsten Tagen in Erfüllung gehen.