Auf einen Blick
- Marco Odermatt zeigt Teamgeist bei der Ski-WM
- Odermatt liess sich nach dem Sieg der Kollegen die Haare rasieren
- Urs Lehmann führte Swiss-Ski nach WM-Nullnummer 2005 zurück an die Spitze
Die Sozialkompetenz eines Menschen lässt sich nicht zuletzt an seinem Humor erkennen. Daran, ob jemand auch über sich selber schmunzeln kann. Zu spüren, dass man auch einmal seine Eitelkeit überwinden und seine Verbissenheit abstreifen muss. Zu spüren, dass der Humor die kürzeste Brücke zwischen den Menschen ist.
Wie sich der Superstar Marco Odermatt nach seiner Enttäuschung in der WM-Abfahrt nicht schmollend und selbstmitleidig zurückgezogen hat, sondern in freudentrunkener Begeisterung über den Triumph seiner Mannschaftskollegen seine Locken hat rasieren lassen, ist die schönste Begebenheit dieser WM.
Natürlich, am Ende ist der Skirennsport ein Individualsport. Aber diese Schneisen der Solidarität und Freundschaft im Haupthaar dieser Schweizer Ski-Boygroup ist viel mehr als ein «Gag». Es ist frisierter Ausdruck für den Spirit und die Eigendynamik in diesem Team. Odermatt predigt nicht nur den Teamgedanken, er macht sich gleich selber zum Mönch.
Der Nidwaldner hat eine weitere WM-Goldmedaille. Und er wird noch weitere Titel gewinnen. Auch wenn ihm die Teamkollegen immer näher auf den Pelz rücken und er im Riesenslalom Haare lassen musste.
Gesamteindruck imponiert mehr als die nackten Medaillen
Dass die Männer im Teamwettkampf den kompletten Medaillensatz abgeräumt haben, ist auch ein Signal. Mehr als die nackten Medaillen imponiert der Gesamteindruck. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Gemeinsam geht es besser, Solidarität ist keine Worthülse. Sie muss gelebt werden. Insofern wäre es schön, wenn der Auftritt dieses Skiteams gerade in diesen turbulenten Zeiten auch einen gewissen gesellschaftlichen Einfluss hätte.
Der Schweizer Medaillenraubzug von Saalbach ist auch eine Krönung von Urs Lehmann als Boss von Swiss-Ski. Nach der Nullnummer bei der WM in Bormio vor zwanzig Jahren lag die Skination am Boden. SVP-Nationalrat Maximilian Reimann hat damals in die Kameras gesprochen. «Wenn die Hälfte der Schweizer Kinder keinen Purzelbaum mehr machen kann, dann muss man sich über nichts mehr wundern.»
Drei Jahre später kam Urs Lehmann und hat Swiss-Ski neues Leben eingehaucht. Aber er ist zum Start auch auf einige Ablehnung gestossen. Der «Zufallsweltmeister» war vielen zu smart, zu glattgebügelt, zu föhnfrisiert, zu ehrgeizig. Dem jovialen Jungmanager fehlte der Stallgeruch des hemdsärmeligen Berglers.
Zufallsweltmeister gibts gar nicht
Aber Lehmann hat geliefert, hat Swiss-Ski marketingtechnisch in neue Sphären geführt und die Schweiz mit zielstrebiger Hartnäckigkeit wieder zur unbestrittenen Skination Nummer 1 gemacht. Mittlerweile schlägt wieder die ganze Nation Purzelbäume.
Und Lehmann hat das Mäntelchen des Zufallsweltmeisters längst abgestreift. Die WM-Medaillen unter seiner Führung sind vieles. Aber sicher nicht zufällig.
Und den WM-Titel in der Abfahrt zu gewinnen, ohne vorher in dieser Disziplin ein Weltcuprennen gewonnen zu haben, ist keine Seltenheit. Die letzten vier WM-Titel in der Abfahrt, Marco Odermatt und Franjo von Allmen sowie Jasmin Flury und Breezy Johnson, gehören auch in diese Kategorie.
Zufallsweltmeister gibt es gar nicht.