Marc Rochat ist ein aussergewöhnlicher Skirennfahrer. Während seine Widersacher aus den Bergen in ihrer Kindheit jeden Wintertag auf der Piste verbringen durften, konnte der Sohn des ehemaligen Swiss- Ski-Vizepräsidenten Jean-Philippe Rochat seine grosse Leidenschaft als Teenager nur sehr beschränkt ausleben.
«Ich bin am Stadtrand von Lausanne aufgewachsen. Dort gibt es weit und breit keine Skipisten. Ich konnte deshalb nur am Wochenende richtig trainieren, wenn ich mit meinen Eltern in unserer Urlaubs-Residenz in Crans-Montana weilte.»
«Nie genug von geilen Pisten»
Rückblickend betrachtet kann Rochat diesem Umstand aber auch etwas Positives abgewinnen: «Es gibt immer wieder Talente, die früh mit dem Rennsport aufhören, weil sie vom täglichen Skifahren übersättigt sind. Aber ich konnte ja gar nie genug von geilen Pisten bekommen. Deshalb bin ich wahrscheinlich mit mehr Lust als die Bergler gefahren.»
Im letzten Winter gab es allerdings Zeiten, in denen selbst Rochat die Lust am Rennsport vergangen ist. Beim Auftakt in Levi fuhr der Slalom-Spezialist als 19. noch Weltcuppunkte ein. Doch danach flog er in sieben Slaloms in Serie raus. Der grosse Rock-’n’-Roll-Fan hatte in dieser Phase den totalen Blues.
Doch im letzten Rennen der
Saison landete der Hobby-Gitarrist in Kranjska Gora seinen ersten Weltcup-Hit. Nach einem soliden ersten Lauf (13. Rang) fuhr Rochat dort im zweiten Durchgang sogar um zwei Hundertstel schneller als Superstar Marcel Hirscher und landete in der Endabrechnung auf dem sechsten Rang.
Die jüngsten Trainingsergebnisse deuten darauf hin, dass Rochat
den neuen Winter so
beginnen wird, wie er die letzte Saison abgeschlossen hat. Nach seinem Skimarkenwechsel von Atomic zu Nordica scheint der 25-Jährige weniger fehleranfällig zu sein.
«Dass Atomic Top-Ski produziert, beweist Marcel Hirscher seit Jahren. Aber ich habe bei den Tests im Frühling sofort gemerkt, dass der Nordica-Ski zu meiner Körperlänge und zu meinem Fahrstil besser passt. Ich habe mit diesem Ski die grössere Stabilität.»
«In jedem Lauf voll ans Limit»
Auf diese Stabilität ist der kompromisslose Draufgänger besonders angewiesen. «Mein grosses Vorbild war immer Marc Berthod. So wie er früher gehe auch ich in jedem Lauf voll ans Limit. Ich starte nicht, um mit Rang 24 ein paar Weltcuppunkte zu gewinnen. Ich fahre voll auf Sieg.»
Rochat wünscht sich generell viel mehr Spektakel im Weltcup. «In unserem Sport fehlen zurzeit Typen wie Alberto Tomba, Hermann Maier oder Bode Miller. Das waren grosse Champions, die auch nach den Rennen mit frechen Sprüchen und Gesten eine grosse Show abgeliefert haben. Hirscher ist wahrscheinlich der genialste Skifahrer aller Zeiten. Aber neben der Piste kommt er für mich zu brav daher, er legt jedes Wort auf die Goldwaage. Das finde ich schade. Denn in meinen Augen sollte Spitzensport auch Showbusiness sein.»
Was für eine Show wird uns Marc Rochat im WM-Winter zeigen? Den ersten Akt gibt es am kommenden Sonntag beim Slalom im finnischen Levi.