Ski-Talent lässt Magersucht hinter sich
«Wunderschön, wieder den Alltag geniessen zu können»

Nach ihrem Kampf gegen die Magersucht ist Downhill-Spezialistin Alice Merryweather (24) auf dem Weg zurück an die Ski-Spitze – und die Olympischen Spiele 2022.
Publiziert: 28.07.2021 um 20:58 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2021 um 21:00 Uhr
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Alice Merryweather hat die Olympischen Spiele 2022 im Visier.
Foto: keystone-sda.ch

Alice Merryweather stand mit vier Jahren zum ersten Mal auf Skis, seit sie acht Jahre alt ist, fährt sie Rennen. «In der ganzen Zeit und bis nach der High School war ich nie unsicher», erzählt die 24-Jährige in einem Interview mit «Woman's Health». Sie sei stets stolz auf ihren Körper gewesen. «Doch als ich mein Ziel, ins Weltcupteam aufgenommen zu werden, erreicht hatte, gab es keinen nächsten grossen Schritt mehr.»

Von da an kehrt die Leistungshungrige Amerikanerin ihren Fokus mehr und mehr nach innen. «Ich begann, mehr darauf zu achten, wie ich aussehe und was ich esse.» Als Wendepunkt nennt Merryweather den Frühling 2020, als die Weltcupsaison wegen Corona vorzeitig abgebrochen wurde. «Ich habe die Hälfte meiner Ziele nicht erreicht», erinnert sich die Abfahrtsspezialistin. «Und gleichzeitig hatte ich am College viel mehr zu tun als sonst». Es sei der «perfekte Stress-Sturm» gewesen.

«Ich war überzeugt, das Richtige zu tun»

Merryweathers Freund Sam ist der erste, der gegenüber ihr das Wort «Essstörung» in den Mund nimmt. «Er merkte, dass ich meine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle hatte, oder dass ich auch im Sommer immer kalt hatte.» Die Neuengländerin unternimmt lange nichts. «Aus einer sportlichen Perspektive war ich überzeugt davon, das richtige zu tun».

Erst im September, als sie im Trainingscamp bei weitem nicht an ihre Leistungen der vorherigen Saisons anknüpfen kann, gesteht sie sich ihre Magersucht ein. «Die Coaches merkten, das etwas nicht stimmte. Und meine Blutwerte zeigten, wie negativ sich die Ernährung auf meinen Körper auswirkte.»

«Ich war schon weit über den Punkt weg, an dem ich ganz alleine wieder hätte gesund werden können», erinnert sich Merryweather. Nach dieser Erkenntnis ist sie sechs Wochen lang in Behandlung, mal im Spital, mal in der Therapie. Es hilft: «Ich habe dort gelernt, wieder eine gesunde Beziehung zu meinem Körper zu haben.»

Olympische Spiele im Visier

Aber auch über Probleme, die nicht direkt mit Essen zu tun haben, gewinnt die Olympionikin (2018 in Pyeongchang) in diesen Wochen tiefe Einblicke. Dass sie auf ihre persönlichen Erfolge stolz sein kann, beispielsweise, anstatt immer gleich nach dem nächsten Ziel Ausschau zu halten.

Heute ist Merryweather auf dem Weg zurück zu alter Form. Nachdem sie den Winter ausgesetzt hat, arbeitet sie mit einem medizinischen Team auf die Weltcupsaison 2022 hin – und auf die Olympischen Spiele in Peking.

«Es ist wunderschön, endlich wieder den Alltag geniessen zu können», freut sich Merryweather. Vorher habe sie zwar ab und zu einen Spass-Moment mit ihren Freunden erlebt, aber nicht viel mehr. «Jetzt gehe ich nach draussen, sehe einen coolen Vogel und eine Welle von Glück überschwemmt mich.» (tim)

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