Bis vor ein paar Tagen hat vieles darauf hingedeutet, dass wir im kommenden Winter einen besonders starken Niels Hintermann erleben werden. Der 29-Jährige, der im März in Kvitfjell (No) die finale Abfahrt der letzten Weltcup-Saison gewonnen hat, war in den Trainings in Südamerika konstant schnell unterwegs.
Im Juli hat der Zürcher Unterländer auf der Lenzerheide seine grosse Liebe Lara geheiratet. Es schien, dass dieses Ereignis den Mann mit dem Übernamen «Cinghiale» (Wildsau) auf der Piste beflügelt und als Mensch geerdet hat. Doch in der letzten Woche hat der 100 Kilo-Brocken bei einer Routine-Untersuchung von seinem Arzt eine Diagnose erhalten, die Hintermann für einen Moment den Boden unter den Füssen weggezogen hat – Lymphdrüsenkrebs! Links am Hals wurde ein Tumor gefunden, ebenso direkt daneben unter dem Schlüsselbein. «Der Sport ist ganz weit nach hinten gerückt», sagt Hintermann auf der Pressekonferenz über den Moment, als er von der Diagnose erfahren hat. Plötzlich gehe es um die Existenz, ums Leben. Diese Angst wird ihm zum Glück schnell genommen.
Denn die positive Komponente an diesem Drama: Weil die Krankheit in einem frühen Stadium entdeckt wurde, stehen die Heilungschancen gemäss den Medizinern sehr gut. «Die Diagnose ist und bleibt schockierend, allerdings bin ich unendlich dankbar, dass diese Art von Krebs sehr gut heilbar ist und dass ich auf sehr grosse Unterstützung meiner Frau, meiner Familie, der Sponsoren, des Verbands und natürlich meiner Ärzte zählen darf», so Hintermann. «Wir ziehen alle an einem Strang und dies wird mir Kraft geben, diese schwierige Zeit zu überstehen.»
Ambulante Behandlung
Ob und wann Hintermann wieder Skirennen bestreiten kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Dennoch: Ein sofortiger Rücktritt ist für ihn nach der Diagnose nie zum Thema geworden.
Er habe bisher nie Berührungspunkte mit Krebs gehabt, führt Hintermann aus. Niemand aus seinem Umfeld sei daran erkrankt. «Ich bin erschrocken und deswegen auch nervös, was auf mich zukommt», gibt er zu. Er wird zwei Zyklen Chemo durchlaufen, danach werden wohl auch noch zwei Wochen Bestrahlung folgen. Die Behandlung finde ambulant statt. «Die Infusion braucht drei bis vier Stunden, bis sie durchgelaufen ist», führt Hintermann aus. «Danach werde ich immer zwei Wochen zu Hause sein und hoffentlich ganz wenig Kontakt zum Spital haben.»
Er wisse nicht, wie sein Körper auf die Behandlung reagieren werde, wichtig sei, dass er trotzdem weiter Sport betreibt. Man könne aber nicht sagen, wie sein Körper die Chemo verkraftet. Bei seinem Kampf gegen die Krankheit verfolgt Hintermann aber schon jetzt ein klares Ziel: «Im August wieder mit dem Team zu trainieren.» Auch Walter O. Frey, Verantwortlicher Arzt Alpin und Chief Medical Officer von Swiss-Ski, ist zuversichtlich. «Soweit voraussehbar und sollte alles nach Plan verlaufen, dann hoffen wir fest, dass Niels in der Saison 2025/26 bereits wieder mit vollen Kräften dabei sein wird», heisst es in der Mitteilung von Swiss-Ski.
Die Pressekonferenz zum Nachlesen im Ticker: