Wäre Loïc Meillard ein Wein, dann ein kräftiger, schwerer Rotwein. Das sagt der 26-Jährige im Rebberg Clos du Mont oberhalb von Sion. Ein Leichtgewicht hätte irgendwie auch nicht zu Meillard gepasst. Nicht zum Skifahrer, der er mittlerweile ist, im physischen wie übertragenen Sinne. Stark genug, in Bormio im Super-G auf dem Podest zu stehen, in Adelboden im Riesenslalom, in Wengen im Slalom und zuoberst auf dem Treppchen in Schladming.
Diese Rennen zählen zu den herausforderndsten ihrer Disziplin. So viele Punkte wie diesen Winter hat Meillard im Weltcup noch nie geholt, auch wenn das beim Super-Winter von Kollege und Freund Marco Odermatt fast ein wenig unterging. Krönung der Saison war das WM-Silber im Riesenslalom.
Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.
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Wein, Uhren, Naturfotografie
Alles Gründe also, auch mal anzustossen! Genuss spielt eine grosse Rolle in Meillards Leben. Nicht nur, aber auch beim Essen und Trinken. «Wir sind im Winter monatelang unterwegs, können nicht wählen, was wir essen.» Alles sei auf Leistung ausgerichtet. «Wenn ich zu Hause bin, liebe ich es, mir selber zu kochen und eine Flasche Wein mit Freunden zu teilen.» In seinem Haus in Hérémence hat er einen ordentlichen Weinkeller angelegt. Meillard ist ein Vorzeigeathlet: gewissenhaft, fleissig, ehrgeizig. «Das Skifahren ist für mich ebenfalls Genuss. Natürlich habe ich Tage, an denen ich lieber im Bett bleiben würde, statt ein strenges Krafttraining zu absolvieren. Aber alles, was ich mache, dient meiner grossen Leidenschaft.»
Wenn es um die schönen Dinge im Leben geht – Wein, Uhren sammeln, Naturfotografie –, ist er stets auch neugierig auf die Prozesse dahinter, er liest sich ein, holt immer das Maximum raus. «Überall steckt so viel Wissen drin», sagt er.
Als Loïc zwölf war, zogen die Eltern mit ihm und der jüngeren Schwester Mélanie – auch sie Skiprofi – von Neuenburg ins Wallis, damit die Kinder den Skisport mit weniger Aufwand betreiben können.
Meillard bemüht ein Walliser Klischee
Nun fühlt sich Meillard mittlerweile als Walliser, «ich bin schon mehr als mein halbes Leben hier». Und um ein oft bemühtes Klischee auf die Spitze zu treiben, ist er eine Partnerschaft mit einem Weingut eingegangen, mit einer der ältesten Weinkellereien des Wallis. «Natürlich habe ich deswegen schon Sprüche gehört. Etwa, dass man sich das nur als Walliser erlauben könne», meint Meillard lachend.
Jetzt kostet er nach dem strengen Winter seine Heimat aus, verzichtet auf Ferien im Ausland und bewegt sich ohne Verpflichtungen oder fixe Trainingspläne: klettern, Velo fahren, surfen in der künstlichen Anlage in Sion, wandern, Tennis spielen, gärtnern. Dazu Analysen der vergangenen Saison mit seinen Trainern.
Dabei geht es auch um ein Thema, bei dem er noch mitten im Lernprozess steckt: dass er genügend zu sich schaut. Staff wie auch Skikollegen erzählen immer wieder, dass Loïc oft vor allem darauf bedacht sei, dass es für alle stimme, obwohl er mit seinem Status mehr für sich einfordern könnte. «Natürlich stehe ich alleine im Starttor», sagt er dazu. «Aber bis dahin sind wir in einer Gruppe, wir leben zusammen. Es ist mir wichtig, dass wir eine gute Stimmung haben, und ich versuche, mich anzupassen.»
«Immer noch dieselbe Person»
Dennoch: Mit den drei Disziplinen, die er fährt, benötigt er spezielle Organisation, Planung und Betreuung, um überall optimale Bedingungen als Leistungsgrundlage zu haben.
Spezialwünsche anzubringen, findet er trotz dem Erfolg nicht einfach. «Ich bin ja immer noch dieselbe Person und nicht wichtiger als andere, nur weil ich erfolgreich bin.» Und diese Einstellung, so Loïc Meillard bestimmt, wolle er grundsätzlich auch nicht ändern.