Ski-Star Carlo Janka (33) sieht den Umgang mit der Corona-Krise in der Schweiz kritisch. «Die Situation hat viele Aspekte, bei denen ich sage, die hätte ich anders gelöst», sagt der Bündner zu «SRF».
«Es müssen andere entscheiden. Aber ich bin nicht damit einverstanden, wie mit der Krise umgegangen wird», sagt der Riesenslalom-Olympiasieger von 2010. «Es tut mir leid für die, die darunter leiden.»
Wen Janka damit meint? Unter anderem die Beizer, die ihre Lokale erst am 11. Mai, wenn der Shutdown gelockert wird, wieder öffnen dürfen. Seine Eltern führen in Obersaxen ein Restaurant, wurden allerdings bisher nicht allzu hart getroffen, weil in den Bergen Nebensaison ist.
«Einige Experten zu wenig beachtet»
Er sehe «andere Möglichkeiten» und Vorbilder in anderen Ländern, «wo es nicht viel schlechter oder sogar besser herausgekommen ist. Das wäre eher der Weg gewesen als so wie jetzt.»
Zum Beispiel Schweden. «Es gibt genug Experten, die sich auch einig sind. Denen hat man vielleicht zu wenig Beachtung geschenkt. Es wäre interessant zu wissen, wie es herausgekommen wäre, wenn man es anders gemacht hätte», so Janka im «SRF». Klingt nach Kritik am Bundesrat, der für die Massnahmen der letzten Monate verantwortlich ist. Auf jeden Fall sind es Aussagen, die mächtig Zündstoff bergen.
«Grossen Respekt vor den Leistungen des Bundesrats»
Auf BLICK-Nachfrage präzisiert der Gesamtweltcupsieger von 2010: «Es war absolut nicht meine Absicht, den Bundesrat zu kritisieren. Ich habe grossen Respekt vor dessen Leistungen in dieser aussergewöhnlichen Krisenzeit. Mit Blick auf unsere Nachbarländer wie Italien oder Frankreich hat der Bundesrat vieles richtig gemacht.»
Aber er findet auch: «Sicher ist es legitim, andere Lösungsansätze zu vergleichen. Und nach überstandener Krise geht es auch darum, die getroffenen Massnahmen kritisch zu hinterfragen.»
In Schweden setzt die Regierung nicht wie in den meisten westlichen Ländern auf Verbote, sondern appelliert an die Vernunft der Bevölkerung. Einzig Versammlungen mit mehr als 50 Teilnehmer sind nicht mehr zugelassen.
Umstrittene Strategie
Eine Strategie, die allerdings als höchst umstritten gilt: In Schweden sind deutlich mehr Menschen an einer Corona-Infektion gestorben als in den Nachbarländern Dänemark, Norwegen und Finnland, wo striktere Massnahmen angeordnet wurden.
In Stockholm sind in den letzten Tagen mehr als 80 Prozent mehr Menschen gestorben als zur aktuellen Jahreszeit üblich. Auch die Infektionsrate liegt höher als in den umliegenden Staaten. Staatsinfektiologe Anders Tegnell, der für den schwedischen Kurs verantwortlich ist, wird dafür auch in der Heimat durchaus kritisiert.
Die Hoffnung der Schweden: Dass durch die stärkere Verbreitung des Coronavirus bereits mehr Menschen immun sein könnten als anderswo – auch wenn das Erreichen sogenannter Herdenimmunität nicht offiziell Part der Strategie der Skandinavier ist. Rund 25 Prozent der Stockholmer könnten bereits Antikörper gebildet haben, schätzen die Behörden. Bestätigt ist die Zahl allerdings bisher nicht.